Lehrer, Schüler, Kindergärtner

Nach den ersten zwei Tagen Eingewöhnungsphase, wie im letzten Blog beschrieben, ging es dann am Montag, den 12.07. mit dem Alltag hier in Don Bosco Childrensfund in Kep los und meine täglichen Aufgaben könnten verschiedener nicht sein.

Da Albeiro, der Don Bosco Pfarrer und Leiter des Projekts mitbekommen hatte, dass ich viel Musik mache, hieß es für mich also direkt am ersten Morgen einen Musikunterricht auf die Beine zu stellen, in dem ich 7 Jungen im Alter zwischen 11 und 14 Jahren das Klavier-, Gitarre- und Cajonspielen beibringe. Da ich schon ein kleines bisschen Erfahrung im Musik Unterrichten habe, war schnell auch eine Idee vorhanden, doch die Umsetzung dieser brachte einige Schwierigkeiten. Zu nächst habe ich nur ein Keyboard, eine Gitarre und ein Cajon zur Verfügung, was für einen Einzelunterricht kein Problem wäre, doch alle Jungs auf einmal zu unterrichten wurde somit unmöglich. Das zweite Problem lag in der Kommunikation mit meinen Schülern. Ich konnte noch kein bisschen Khmer und sie nur ein kleines wenig Englisch, sodass schon die Erklärung, dass immer nur zwei Schüler gleichzeitig zum Unterricht kommen eine Herausforderung. Auch den Unterricht an sich erschwerte die fehlende gemeinsame Sprache ungemein, da ich nichts groß erklären kann und auch Noten sind keine große Hilfe, denn bis zu meinem Musikunterricht hatte noch keiner von ihnen etwas von Takten, Tonlängen und Tonhöhen gehört. Doch wie sagt man so schön: „Musik ist eine eigene Sprache“. Nach diesem Prinzip spiele ich also immer kleine Abschnitte auf dem Keyboard vor und lasse die Jungs dann versuchen diese nachzuspielen. Dies dauert zwar lang, doch die Kirchenlieder, an denen wir üben, sind schon bekannt, was mir ein bisschen Arbeit abnimmt. Im Großen und Ganzen macht dieser Unterricht mir aber großen Spaß und da einige von meinen Schülern auch wirklich sehr lernfreudig und interessiert sind, macht es das umso schöner. Nach dem Unterricht von 08:00 bis 09:30 Uhr übe ich manchmal mit einem älteren Jungen aus der Highschool, der schon einiges auf Gitarre und Keyboard kann, einige moderne Lieder oder habe noch ein kleines bisschen Zeit selbst etwas Gitarre zu üben.

Im Anschluss geht es dann für eineinhalb Stunden in den Kindergarten des Projekts, in dem auch Johanna arbeitet. Dort geht es vor allem darum mit den Kindern zu spielen, sie zu beaufsichtigen, kleine Streitereien zu schlichten und generell bei Aufgaben, wie der der Vorbereitung und dem Austeilen von Essen zu helfen oder diese zu übernehmen. Da meistens um die 22 Kinder da sind und es nur einen Raum gibt, ist hier immer viel los und ein bisschen Chaos angesagt, doch das gehört glaube ich dazu. Neben Spiel und Spaß gehört hier zum Kindergarten auch Programm, was wir vielleicht als Vorschule bezeichnen würden. Es werden Zahlen und Buchstaben geübt, Khmer gelernt und auch die ersten englischen Wörter und zahlen beigebracht. Außerdem wird getanzt und auch ich kann ein bisschen zum Programm beitragen. Sister Millagros hatte mich nämlich gebeten etwas mit den Kindern zu Singen, sodass jetzt jeden Dienstag und Donnerstag circa 20 Minuten das Üben einfacher englischer Lieder, wie „I like the flowers“ oder „If you happy and you know it“ für Johanna und mich auf dem Plan stehen.

Singen im Kindergarten

Um 11:30 Uhr sind wir dann zum Mittagessen entlassen, doch um 15:00 Uhr kommen Johanna und ich nochmal für etwas mehr als eine Stunde in den Kindergarten zurück. Da ich morgens die Rolle eines Musiklehrers habe und im Kindergarten die Mitarbeiter auch auf Khmer mit „Lehrer“ angeredet werden, heiße wir hier jetzt auch „Teacher“, was ziemlich ungewohnt ist wenn man gerade aus der Schulzeit kommt.

In der Zeit dazwischen findet auch unser Sprachkurs in Khmer statt und der erweist sich, wie zu erwarten, als etwas kompliziert. Khmer ist eine Sprache, die fast keine Ähnlichkeit zu europäischen Sprachen aufweist. Nur ein sehr kleiner französischer Einfluss lässt sich bei Benennungen der Länder erkennen. Außerdem verfügt sie über 34 Vokale, deren Unterscheidung unser untrainiertes Ohr gar nicht mächtig ist, doch die Schrift ist das eigentliche Problem. Sie besteht aus 72 sehr verschnörkelten Buchstaben und ist durch die Tatsache, dass ganze Sätze zusammengeschrieben werden, sehr schwer zu erlernen. Deshalb konzentriert sich Albeiro, der unser Khmer-Lehrer ist, darauf das Sprechen und einen möglichst großen Wortschatz zu vermitteln. Da wir die Vokabeln aber nicht in Khmer aufschreiben können, sagt uns Albeiro ganz geduldig die Worte vor und wir schreiben diese so auf, wie wir diese im Deutschen schreiben würden. Das ist nicht für alle Laute möglich, doch unter der Verwendung einiger selbst ausgedachter Zeichen funktioniert das sehr gut. Außerdem erleichtert die sehr simple Grammatik einiges. Somit können wir uns schon auf Khmer vorstellen und einfachste Gespräche führen, auch wenn diese noch sehr stockend. Eine große Schwierigkeit besteht zum Beispiel darin jemanden korrekt anzusprechen, da es für jede Position in der Familie- und Personen-Hierarchie eine eigene Anrede und manchmal sogar verschiedene Verben für die gleiche Tätigkeit gibt. Die ersten 8 Male hatten Johanna und ich allein mit Albeiro Unterricht, doch auch die drei Don Bosco Schwestern, mit denen wir große Teile unseres Alltags gemeinsam haben, lernen noch Khmer, sodass wir mit zwei von ihnen nun auch schon einmal zusammen Unterricht hatten.

Am Nachmittag bleibt dann noch ein bisschen Freizeit, die ich zum Wäschewaschen, Fotos zum Beispiel vom Sonnenuntergang machen oder einfach mal Entspannen nutze, bevor es dann um 18:30 Uhr zum kleinen täglichen Gottesdienst hier in der Kapelle geht. Der ist zwar, außer sonntags, immer auf Khmer, sodass das Mitsingen sehr schwer ist, doch mit der Gitarre mitspielen geht ziemlich gut und es ist einfach immer ein schöner gemeinschaftlicher Moment vor dem Abendessen.

Wie man bestimmt schon gemerkt hat, spielt Musik gerade für mich hier im Alltag eine große Rolle, doch auch die Schüler sind Musik nicht abgeneigt. Letztes Wochenende war hier ein großes Treffen aller Absolventen der Technical School des letzten Jahres. Diese hatten extra ein super Catering organisiert und gut gestärkt ging es dann in den Livemusik Teil des Abends über, bei dem eigentlich niemand ums Tanzen herumkam. So standen Johanna und ich dann auch nach kurzer Zeit mit im Kreis und versuchten mehr oder weniger erfolgreich den Khmer-Tanz nachzuahmen. Doch nicht nur traditionelles Tanzen ist hier beliebt, sondern auch die Art, die man in Deutschland in jedem Club findet. Einfach mal drauf los tanzen! Doch nicht nur beim Tanzen waren wir gefragt, sondern kurze Zeit später fragte mich einer der Lehrer, ob ich nicht etwas mit der Gitarre spielen könnte. Diese Bitte konnte ich nicht ablehnen und so kam ich zu meinem ersten kleinen Auftritt hier in Kambodscha.

Nicht nur bei Festen wird viel getanzt. Auch an anderen Abenden sind die Schüler, die hier auf dem Campus wohnen, nicht abgeneigt sich einfach mal zum tanzen auf dem Hof zu treffen. Da jetzt alle Prüfungen vorbei sind und keiner mehr viel lernen muss, ist hier eigentlich jeden Abend entweder Filmgucken, Tanzen oder manchmal Tanzunterricht angesagt. Außerdem hatten wir diese Woche für zwei Nächte eine Gruppe aus dem PSE Projekt in Phnom Penh zu Gast, die am zweiten Abend für zwei verlobte Freiwillige eine Khmer-Hochzeit veranstaltete, um schon einmal vorzufeiern. Da war ich natürlich auch direkt eingeladen und wir hatten einen super lustigen und schönen Abend. An Schlaf war sowieso nicht zu denken, da die Party direkt neben meinem Zimmer stattfand.

Khmer-Hochzeit im Projekt

Die freie Zeit am Wochenende haben Johanna und ich für einige kleinere Ausflüge genutzt. So ging es letzten Sonntag nach dem Frühstück bei über 30 Grad im Schatten in den Nationalpark von Kep. Das ist ein wunderschöner von einem Urwald bewachsener kleiner Berg, der vom Projekt in einer haben Stunde zu Fuß erreichbar ist. Der Park ist von einem Wanderweg durchzogen, auf dem man allen möglichen Tieren begegnet. Von Libellen und Schmetterlingen über 20 Zentimeter lange Tausendfüßler und Salamander bis hin zu Affen in den Bäumen war wirklich alles dabei. Nach einem kurzen Umweg, da wir den Abzweig verpasst haben, ging es dann noch in einen Schmetterlingsgarten, der in einem großen begehbaren Gehege viele farbenfrohe Schmetterlinge beherbergt.

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Dieses Wochenende haben wir dann die Chance ergriffen und haben uns über dir PassApp eine Rickhaw, ein dreirädriges Tucktuck ähnliches Gefährt bestellt. Diese App bietet hier die Möglichkeit ein Taxi zum Fixpreis zu bestellen, sodass man nicht ohne die nötigen Khmerkenntnisse über den Fahrtpreis verhandeln muss. Damit sind wir dann über sehr staubige Straßen und durch den etwas chaotischen Verkehr nach Kampot gefahren. Kampot ist in 20 km Entfernung die nächste Stadt von hier und bietet mit einigen Supermärkten, einem schönen Flussufer und vielen netten Cafés ein schönes Ausflugsziel für Besorgungen oder einfach zum Entdecken. Nach einer kleinen Stadttour zu Fuß bei hoher Temperatur, auf deren Weg wir uns oft dank fehlender Bürgersteige durch den Verkehr schlängeln mussten, sind wir zum Mittag in einem Café gelandet, dass nicht nur super lecker, sondern auch durch sein Konzept begeisterte. Umweltfreundlichkeit und Inklusion waren hier die Stichworte, sodass es nur wiederverwertbare Strohalme aus Bambus gab und wir unsere Bestellung selbst auf einem Zettel notierten, damit auch taube Mitarbeiter diese aufnehmen können.

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Unsere letzte Erkundung führte uns heute zu erst in einen Mangrovenwald unweit von hier und anschließend zu einem buddhistischen Tempel, an den eine Höhle angrenzt. Der Tempel an sich ist sehr schön n den Hügel gebaut und sehenswert. Bei der Höhle kann ich das leider nicht beurteilen, denn an deren Eingang erwartete uns eine Gruppe wütender Affen, die uns keifend entgegenkam. Um einen Angriff nicht zu riskieren haben wir dann unter weiterer Verfolgung der Affen ziemlich schnell das Feld geräumt, sodass wir nur mit einem kleinen Schock davongekommen sind.

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Das Wetter hier vor Ort ist zurzeit sehr wechselhaft. An manchen Tagen muss man sich stark vor einem drohenden Sonnenbrand schützen, an anderen ist die Regenjacke nötig, da hier heftige Regengüsse keine Seltenheit sind. Doch das bringt die Regenzeit nun mal mit sich und man gewöhnt sich selbst an die Wärme, denn auch in der Nacht gab es hier noch keine Temperaturen unter 20 Grad. Woran ich mich noch nicht vollständig gewöhnt habe ist das Essen, denn der Reis zu jeder Mahlzeit ist schon erstmal ungewohnt. Außerdem hält dieser mich nicht immer vom Mittagessen um 11:30 Uhr bis 19:00 Uhr satt, doch groß beschweren kann ich mich nicht, denn lecker ist es auf jeden Fall, was hier für uns gekocht wird.

Jetzt sind schon etwas über zwei Wochen vergangen, so dass hier in Kep für mich schon die Hälfte meines Aufenthaltes vorbei ist, doch ich freue mich auf die kommenden zwei Wochen und genieße hier das Meer mit grandiosen Sonnenuntergängen.

Sonnenuntergang an der Küste im Projekt

Soweit alle Roger in Kambodscha

Euer Moritz