Jeepneys, Streetfood und Regenschirme — Willkommen auf der „Pearl of the orient seas“

Maayong buntag!

Ich bin jetzt schon seit fast zwei Monaten hier und ich kann nicht sagen, ob das lang ist, oder kurz.

Einerseits fühlt es sich an als wäre ich gerade erst angekommen, weil ich jeden Tag so viel Neues lerne und sehe.

Aber andererseits habe ich das Gefühl, schon viel länger hier zu sein, weil ich mich an so viele Dinge bereits gewöhnt habe.

Zum Beispiel, dass es zu jeder Mahlzeit Reis gibt und dass ein Regenschirm ganztägig im Gebrauch ist, ob es regnet, oder auch nicht.
Aber vielleicht sollte ich am Anfang beginnen.

Als Moritz und ich auf den Philippinen ankamen, mussten wir erstmal für ein paar Tage in Quarantäne.

Entlassen aus der Quarantäne haben wir ein paar der Freiwilligen aus Cebu City selbst kennengelernt, die uns mit unserer Mentorin gemeinsam die Stadt gezeigt haben.

Heritage Tour mit unserer Mentorin und Freiwilligen aus Cebu City

Neben Regenschirmen und Stromkabeln habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht so viele verschiedene Fortbewegungsmittel auf der Straße gesehen. Ob Motorrad, Auto, Fahrrad, Tricycle oder Jeepney: (deutsche) Verkehrsregeln gelten für sie nicht. Aber dafür sind alle sehr vorsichtig, was Fußgänger angeht, was aber auch daran liegt, dass Zebrastreifen hier eine Seltenheit sind.

Jeepneys sind eine Art Busse, in die in der Regel 16 Menschen passen, wir haben allerdings auch schon mit 25 Menschen hineingepasst.

Tricycles — mein tägliches Transportmittel zum Projekt

Letztes Jahr um diese Zeit gab es hier einen Super-Taifun namens „Odette“, der sehr viel zerstört hat, auch große Teile des Projektes. Die Menschen hatten drei Monate weder Wasser noch Strom und die Schulen waren geschlossen. Zusätzlich gab es vor ein paar Monaten in einem Stadtteil -der Area 5- einen schlimmen Brand. Mit unserer Projektleiterin haben wir die Area besucht, weil viele der Kinder aus dem Projekt dort leben und sie sehen wollte, unter welchen Umständen sie leben und was sie brauchen. Die Häuser dort waren alle zu großen Teilen abgebrannt und die Menschen sind seit Monaten dabei, sie wieder aufzubauen, wobei sie kaum Unterstützung vom Staat erhalten. Die gesamte Area muss sich drei Brunnen zur Wasserversorgung teilen und es gibt kaum Schutz vor der Sonne. Trotzdem waren die Menschen dort fröhlich, freundlich und vor allem dankbar, weil das Projekt und insbesondere die Projektleitung, Tita (Tante) Reggie, ihnen hilft. Es war sehr berührend, als ich mich mit einigen der dort lebenden Scholars unterhalten  und sie mir erzählt haben, wie sie den Brand erlebt haben. 

Scholars, das sind hier in Lourdes die Kinder, die Sponsoren aus anderen Ländern haben, die ihre Bildung mitfinanzieren.

Später haben wir die Area noch öfter besucht, um den Menschen dort Essen zu bringen.

Area 5 — ein Feuer zerstörte das Viertel bis auf die Grundmauern

Nach ein paar Tagen, in denen wir riesige, unglaublich volle Kirchen gesehen und sehr viel Essen probiert haben, begann dann unsere „Immersion”.

Weil unser Projekt „Our Lady of Lourdes“ Teil des Don Bosco Programms ist, haben wir in den folgenden Tagen vier verschiedene Don Bosco Häuser besucht, in denen wir dann ein paar Tage geblieben sind um den Alltag der Kinder und Jugendlichen mitzuerleben und ihre Erziehung nach Don Boscos Vorbild zu verstehen.

Die Kinder und Jugendlichen haben uns sehr offen aufgenommen und so war es selbst in der kurzen Zeit nicht schwer, sich einzuleben. Die „Immercion“ war eine super Möglichkeit auch Menschen außerhalb des Projektes kennenzulernen.

In manchen Häusern gibt es nur ein Jugendzentrum, in welches die Jugendlichen Abends kommen, um Sport zu machen, zu spielen und den Rosenkranz zu beten.

In anderen gibt es zusätzlich Schulen, Kindergärten, ein Internat, ein College oder ein Kinderheim.

Die Zusammenstellung und Vielfalt ist dabei immer unterschiedlich.

Im Jugendzentrum gibt es verschiedene Jugendgruppen, die mit ihrem Engagement nach dem Motto „Youth teaching Youth“ Aktivitäten für die anderen vorbereitet und verschiedene Dienste in der Kirche tun.

In Lourdes gibt es acht Gruppen, etwa die „Knights of the Altar“, also die Messdiener, die „Juventos Sodality“, welche die Lesungen lesen oder „Auxilium“, welche die Kollekte einsammeln.

Nich schlecht haben wir außerdem gestaunt, als wir tanzen wollten, und plötzlich ein deutsches Lied aus den Boxen ertönte. „Das Fliegerlied“ ist in der salesianischen Jugend sehr beliebt und jetzt tanzen wir es regelmäßig, was sehr lustig ist, weil die Choreografie so gar nicht zum Text passt. 😆

Die Jugendlichen haben uns mit offenen Armen empfangen und ich habe mich sofort wohl gefühlt. Generell sind die Menschen hier sehr freundlich und herzlich und ich habe mich  willkommen gefühlt. Wir sind jetzt sogar Teil einer der Jugendgruppen, der „Juventos Sodality“ und ich finde mich schon ganz gut dort zurecht.

Nach der „Immersion“ haben wir dann zum ersten Mal das Projekt kennengelernt.

Neben einem gigantischen Schild mit unseren Namen darauf haben die Kinder ein Programm vorbereitet. Die Tanzgruppen haben verschiedene Tänze, unter anderem auch kulturelle Tänze aufgeführt und die andern Kinder haben sich zu einem Orchester zusammengefunden und viele Stücke gespielt, vor allem Weihnachtslieder, denn Weihnachten ist hier neben Regen- und Trockenzeit die dritte Jahreszeit hier. Schon bei unserer Ankunft im September wurden wir von Weihnachtsliedern und Tannenbäumen in der Mall begrüßt.

Unter der Woche gehen wir morgens immer ins „Feeding“, dort helfen wir beim Vorbereiten von Essen, welches wir dann in riesigen Töpfen an die Menschen verteilen, die sich keine regelmäßigen Mahlzeiten leisten können, besonders Kinder und Ältere. Schon mehr als einmal sind wir außerdem mit einem mit (verpackten Instant-)Nudeln vollgestopften Auto losgefahren, in das wir kaum noch selbst reingepasst haben, und die wir an die Menschen verteilt haben, zusätzlich zum normalen Essen, da eine große Firma sie gespendet hat.

Feeding 1
Feeding
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Nach dem „Feeding“ gehen wir rüber in das „Sponsorship Program“ von Lourdes.

Erst seit einer Woche sind dort nachmittags wieder Scholars, weil die Corona Regeln der Schulen gelockert wurden.

Besonders mit den jüngeren Scholars spiele ich oft Basketball oder Fußball, Brettspiele oder wir malen zu ruhiger Musik.

Weil sie morgens immer sehr früh aufstehen müssen sind besonders die jüngeren oft müde, manche schlafen auch erst, machen dann Hausaufgaben und spielen erst danach.

Die älteren Scholars kommen nicht so häufig und auch erst später am Nachmittag weil sie lange Schule haben. Im „Sponsorship Program“ können sie ihre Hausaufgaben machen, an den Computern recherchieren oder einfach Zeit mit anderen Scholars verbringen.

Es geht vor allem darum, einen sicheren Ort zu haben, an dem sie sich auf sich selbst und ihre Bildung konzentrieren können, denn Bildung ist auf den Philippinen ein sehr hohes Gut.

Samstags gibt es dann morgens immer eine Formation für die Grundschüler, wo sie etwas lernen und Spiele spielen. Es geht dabei darum, ihnen die Bibel und Don Boscos Lehren näherzubringen.

Nachmittags gibt es dann Musik-und Tanzunterricht, den sowohl die Scholars, als auch andere Kinder besuchen können. Dabei können die Kinder zwischen vielen Instrumenten entscheiden, wie Geige, Ukulele oder Gitarre.

Formation
 

Ich selbst habe angefangen Geige zu üben, was zwar nicht ganz leicht ist, mir mithilfe der Scholars aber sehr viel Spaß macht. 

Zu Weihnachten schreiben alle Scholars Briefe an ihre Sponsoren. Moritz und ich haben diese in den letzten Wochen ins Deutsche übersetzt.

 Besonders mit der Geschichte der Philippinen haben wir uns viel auseinandergesetzt, haben Museen und geschichtsträchtige Orte besucht.

Die Philippinen wurden dreimal besetzt, von Spanien, den USA und Japan. Besonders den Einfluss der 333 Jahre langen Herrschaft der Spanier merkt man bis heute in Kultur und Sprache. 

Das macht es mir leicht, mit den Menschen zu kommunizieren, weil viele der Kinder Englisch sprechen oder zumindest verstehen, wenn auch nicht alle.

Seit zwei Wochen bekommen wir auch einen Sprachkurs in Cebuano, der Sprache, die hier auf Cebu gesprochen wird. Das klingt zwar einerseits leicht, es gibt doch viele Worte auch im Englischem und Spanischen, andererseits werden die Regeln beispielsweise der Grammatik nicht, oder nur teilweise im täglichen Sprachgebrauch angewendet, was schon für viel Verwirrung von uns und zu vielen Lachern der Menschen hier geführt hat. Weil sich aber immer alle total freuen, wenn man versucht Cebuano zu sprechen, versuche ich es trotzdem so gut es geht anzuwenden, selbst wenn es nur einzelne Worte sind.

Und es gibt noch etwas sehr Wichtiges, was ich eigentlich am Anfang hätte schreiben müssen, weil es wirklich immer präsent ist: Essen.

Wann immer wir begrüßt werden ist die Frage, ob wir schon gegessen haben oder essen möchten, es gibt immer Snacks und auch auf der Straße kann man überall und immer Essen kaufen. Wo immer man ist, schallt einem das Wort „Kaon!“ entgegen, weshalb das Wort „essen“ natürlich auch so ziemlich das erste war, dass ich auf Cebuano kannte.

Weil man hier alles vom Tier verwertet, habe ich unter anderem auch schon Hühnerfüße, Schweinehirn und Hühnermagen gegessen. Ehrlich gesagt habe ich erst Möglichkeiten gesucht, dem zu entgehen, aber nach einigem Überreden meiner Mentorin und der Freiwilligen aus Cebu habe ich es dann doch probiert. Was das Schweinehirn angeht war ich sogar positiv überrascht, auch wenn mich die Vorstellung erst etwas abgeschreckt hat.😆  Am liebsten esse ich Champorado, das ist Reis mit Wasser und Kakao und wir essen es manchmal zum Frühstück oder als Snack zwischendurch. 

Insgesamt ist in den letzten Wochen aber so unglaublich viel passiert, dass ich mich gar nicht mehr an alles erinnern kann. Ich hoffe, dieser kleine Einblick in mein Leben hier hat euch trotzdem gefallen 🙂

Amping!
Mailin