Dragonboats and Dragonfruits

Nun sind schon fast zwei Monate rum und ich habe das Gefühl die Zeit vergeht wie im Flug und das obwohl
man mir hier sehr viel Zeit lässt. Grade als Freiwilliger ist das Tempo hier doch etwas gemächlicher.Doch beginnen wir von vorn.

 

Ankunft ohne Koffer

Um 5 Uhr früh stand ich auf um mit meinen Eltern nach Frankfurt zu fahren. Nach dem Checkin mussten wir uns für ein ganzes Jahr
voneinander verabschieden, was für keinen von uns einfach war.
Ich flog gemeinsam mit Annika die ihr Freiwilligenjahr in Kep im Süden von Kambodscha an einer Don Bosco-Schule verbringt, wo sie Englisch unterrichtet.

Wir stiegen an Bord und dann hieß es 11 Stunden von Frankfurt nach Bangkok fliegen und von dort weiter nach Phnom Penh, der
Hauptstadt Kambodschas.
Den Anschlussflug schafften wir wegen Verspätung jedoch nur mit sehr viel rennen und unser Gepäck kam leider nicht so schnell hinterher.
So standen wir beide nur mit Handgepäck am Flughafen, weder Zahnbürste noch Wechselsachen dabei.
Das erste was ich spürte als ich aus dem klimatisierten Flughafen trat: schwüle Hitze und helles
Sonnenlicht, obwohl es laut meiner inneren Uhr noch Nacht sein sollte.
Meine Gastmutter und die Sisters aus Don Bosco erwarteten uns bereits und so trennten sich unsere Wege schon bald.  Annika verblieb noch einige Tage in Phnom Penh, während ich mit meiner Chefin nach Battambang fuhr.

 

Eine Strecke für die man auf der deutschen Autobahn etwa drei Stunden braucht, hier jedoch eher mit
7 Stunden planen sollte, da die Straßenbedingungen nicht immer die besten sind.
Unsere hieß Road No 5 und ist wie eine Schnellstraße mit zwei Spuren pro Seite gedacht, doch leider ist sie noch nicht ganz fertig gebaut. Und so wechselt man ohne erkennbare Logik mal zur einen oder anderen Seite. So habe ich meinen ersten Geschmack von kambodschanischer Fahrkunst bekommen, die sehr viel, sehr knappes Überholen, und viel Hupen involviert. Nicht mal der monsunartige Regen, bei dem man keine 20m weit sehen kann, kann die Fahrer hier vom Überholen abhalten.
Die meiste Zeit verschlief ich jedoch, da mein Jetlag voll zu geschlagen hat.
Nachdem wir ankamen, lernte ich meine vorläufige Gastfamilie kennen, die aus meiner Chefin, ihrem Sohn, Enkel und ihrer Schwester besteht.

 

In der Komar Rikreay Association

Die Art der Kambodschaner ist eher ruhig, doch sehr freundlich und zuvorkommend. So wohne ich sehr entspannt.
Es wird für mich gekocht, meine Wasche wird gewaschen, und wenn ich mal selbst abwaschen möchte muss ich
mich sehr durchsetzten.
Hier wird man auch viel die Frage `Njam bay?` (wörtlich essen Reis?) hören, denn man sollte natürlich nicht
hungrig sein, und eine Mahlzeit ist nun mal keine richtige Mahlzeit ohne Reis.

Am nächsten Tag wurde ich direkt mit in das Buero von Komar Rikreay Association (wörtlich glückliche Kinder) genommen, der Organisation bei der ich das kommende Jahr helfen darf. KMR ist eine NGO die sich auf den Schutz und die Unterstützung von hilfsbedürftigen Kindern spezialisiert hat. Sie haben verschiedene Projekte wie alternative Wohnsituationen für Kinder die nicht mehr zu Hause wohnen können oder Unterstützung von armen Familien mit
Sachgütern und anderen Leistungen.
Die ersten Wochen darf ich hier hauptsächlich bei dem Projekt zum Training von Kinderschutz mitgehen.
Hier wird in Schulen, bei Kinder und bei Eltern über nachhaltige, gewaltfreie Erziehung und Reaktion auf Probleme des Kindes aufgeklärt.
Dabei unterstützen Sozialarbeiter und lokale Freiwillige.
Ich kann momentan leider noch nicht genug Khmer um​ wirklich viel zu verstehen , aber wenn jemand für mich übersetzt ist es wirklich interessant.

Das Leben der Familien hier unterscheidet sich sehr von Deutschland und so können nicht alle Eltern ihre Kinder zur Schule schicken, da sie sich die Schulmaterialien nicht leisten können und die Kinder teils arbeiten müssen, um der Familie auszuhelfen. Auch ist es nicht ungewöhnlich das Eltern nach Thailand auswandern, um dort nach Arbeit zu suchen und die Kinder entweder zurück gelassen werden oder an der Grenze abgefangen und allein zurück geschickt werden.

Deshalb werden in einem  der Projekte Familien mit Essen und Schulmaterialen versorgt. Die Sozialarbeiter bringen ihnen die Sachen vorbei und fragen sie nach ihrer aktuellen Situation und Problemen. Bei komplexeren Fällen wird auch mit anderen NGOs und der Regierung zusammen gearbeitet.

Die Organisation ist sowohl in Battambang City, als auch der umliegenden Provinz Battambang tätig
und unterstützt momentan ca. 500 Kinder.

Da diese Familie nur eine kleine Hütte hat und auf gemietetem Land lebt gibt es keine richtige Küche. Stattdessen gibt es eine Feuerstelle und die restliche Sache werden auf einem Baugerät abgestellt.

Die erste Woche war ich ziemlich überwältigt und habe erstmal Eindrücke gesammelt. Mein Koffer kam zum Glück noch nach und so hatte ich meine Sachen und auch meine Bilder und Erinnerungen an zu Hause wieder.

Ich hatte vorher keine wirkliche Vorstellung von Kulturschock, doch der hat mich dann schon ziemlich krass getroffen. Grade die Armut vieler Menschen und die komplett verschiedene Lebensweise waren für mich Anfangs ziemlich krass.  Auch habe viele Dinge gesehen die mich sehr überrascht haben und die ich mir teils nicht erklären konnten. Zum Beispiel das an den Straßenrändern Müll verbrannt wird, da nicht jeder sich die Müllabfuhr leisten kann. Oder warum viele Leute beim Motorradfahren eine Maske tragen. Nach dem man einmal einen Mund voll Straßenstaub hatte, wird es einem ziemlich schnell klar…

 

Allerlei Ausflüge…

Am ersten Wochenende dann, wollte ich unbedingt mehr von Battambang sehen und fragte meine Gastmutter was wir denn dieses Wochenende machen. Was ich damals noch nicht wusste ist, das die Menschen hier wirklich wenig unternehmen. Sich für das Wochenende etwas vorzunehmen, oder
einen Ausflug zu machen ist eher die Ausnahme.
Wahrscheinlich hauptsächlich für mich, waren wir dann Pizza essen und sind am Samstag zum Wat Banan Berg gefahren, wo es einen Tempel und den neuen Bamboo Train geben soll. Ich war ein bisschen enttäuscht das ich keins von beiden sehen konnte, habe mir aber später sagen lassen das der neue Bamboo train sowieso nur eine Touristenfalle ist und man lieber den alten Bamboo train (den es angeblich nicht mehr gibt) nehmen soll.
Stattdessen habe ich einen typischen Khmernachmittag verbracht, bei dem wir unseren eigenen Reiskocher und unser eigenes Essen
mit in ein Restaurant gebracht haben und hauptsächlich gegessen und uns ausgeruht haben.
Der Enkel meiner Gastmutter schien ziemlich gelangweilt, weil es dort draußen kaum Netz oder Wlan gab und was soll man da denn den ganzen Tag machen?!
Danach haben wir in einer kleinen Hütte noch Mittagsruhe gehalten und sind dann zurück gefahren.
Für mich war das ein Gefühl von: das wars schon? Aber man darf halt nicht überall das Maß eines Touristen anlegen.

 

 

Zwei Wochen darauf bekam ich relativ spontan Besuch von Annika, denn es sind Feiertage und das ganze Land fährt nach Hause um die Familie zu besuchen.
Das Fest heißt Pchum Ben und ist ein 15-teagiges Fest bei dem den Vorfahren und Verstorbenen gedacht wird.
Die letzten drei Tage sind Feiertage und alles hat geschlossen, damit die Menschen zu den Pagoden gehen und mit ihren Familien feiern können.
So wollen wir beide die Zeit nutzen und ein bisschen was von Battambang sehen.

Auf Empfehlung einer Bekannten haben wir also den alten Bambootrain besucht, der sehr wohl noch existiert (nur eben nicht offiziell).
Wir bezahlten fünf Dollar und während ich mich noch wunderte wo die Wagen sind, hob jemand zwei Axen und ein Brett+ Motor auf die Gleise.
Dann ging es auch schon mit ohrenbetäubenden Krach los.
Während der Fahrt kann man die wunderschöne Landschaft und den kühlen Luftzug genießen (und nicht zu sehr den Zustand der Bretter und Nägel beachten).
Zweimal wurde gehalten und der eine “Wagen” vom Gleis genommen, damit der andere weiter fahren konnte.
Am Ende der Fahrt sollten wir uns ausruhen und wenn möglich natürlich etwas kaufen, bevor es wieder zurück ging.
Definitiv ein Must-Do, wenn man mal Battambang besucht.

 

 

Am Sonntagmorgen besuchten wir dann mit unserer Gastfamilie eine Pagode, so wie es hier traditionell üblich ist. Die ganze nahe und entfernte Familie hatte sich dafür versammelt.
Dabei bringen die Kambodschaner den Mönchen der Pagode Essen und beten mit einem Mönch am Grab eines Vorfahren.
Ich habe gefragt wessen Grab das ist, aber das konnte mir niemand aus der Familie so richtig sagen.
Danach geht es wieder nach Hause und es wird gegessen.

Außerdem besuchte ich mit Annika und meiner Freundin Khemy die Reisfelder. Auf dem Weg dahin muss man mit nassen Füßen
rechnen, aber die Aussicht und die wunderschöne Natur ist es definitiv wert. Ist also quasi nur ein lauwarmes, etwas dreckiges
Fußbad inklusive.

In der Dämmerung sind wir dann zu den Fledermaushöhlen (engl. Batcaves) gefahren, die in einem nicht enden-wollenden Strom aus den Höhlen fliegen.
So haben wir ein paar erlebnissreiche Tage verbracht, bevor Annika wieder in den Bus Richtung Kep stieg.

Die Woche drauf ging dann etwas alltäglicher wieder los.

Dreimal die Woche habe ich Sprachunterricht in dem ich die Basics der Landessprache Khmer lernen soll. Keine leichte Sache da man gern Worte einkürzt, das Ende verschluckt und man es bei der Aussprache sehr genau nehmen muss damit man verstanden wird. Aber Übung macht ja bekanntlich den Meister und so versuche ich mit Leuten zu sprechen wo es geht und erfreue die Einheimischen wenn ich ein paar Worte verstehe und sagen kann.

Ein weiteres großes Thema ist das Essen: wer Vegetarier ist oder keinen Reis mag wird es hier definitiv ein bisschen schwerer haben…

Es gibt die verschiedensten Variationen von Fleisch, Fisch, mir unbekanntem Gemüse und unbekannten Gewürzen (manchmal sehr scharf) und dazu immer Reis. Meist finde ich etwas das mir schmeckt, aber bin etwas vorsichtig was Fisch mit Gräten und Tierinnereien angeht. Es ist nicht immer mein Geschmack, aber definitiv sehr gesund.

Delikatessen sind aber definitiv nicht meins… unter anderem gab es an den Feiertagen: Frösche, Schnecken, frittierte Heuschrecken und noch ein anderes Insekt das ich nicht ganz identifizieren konnte. Der Neugierde halber hätte ich es gern probiert, aber konnte mich dann doch nicht dazu durchringen.

Zum Glück gibt es auch viele Varianten von frittiertem Essen, Kuchen (meist aus Reis),Früchten und Desserts die ich zu gern esse (sehr gefährlich).  Europäisches Essen ist eher schwer zu finden oder halt nur für einen ordentlichen Aufpreis, da es ja importierte Güter sind. Wenigsten meinen geliebten Kaffee kann ich weiterhin genießen, auch wenn man den nur Instant und meist mit viel Zucker findet.

Wenn man einkaufen gehen möchte, sollte man am Besten auf den Markt gehen. Hier kann man entweder Suppen oder Beilagen direkt kaufen oder bekommt die Zutaten für relativ günstiges Geld.  Allerdings sollte man ein bisschen wissen was wieviel kostet um als „Barang“(wörtlich Franzose betitelt aber alle hellhäutigen Ausländer) nicht über den Tisch gezogen zu werden. Falls man Spaß am Feilschen hat ist man aber an der richtigen Stelle.

Ich glaube zum Essen werde ich hier auch in Zukunft noch viel berichten können…

Letzte Woche war dann das Wasserfestival, was am Ende der Regenzeit gefeiert wird.  In Phnom Penh findet es leider dieses Jahr nicht statt, aber zum Glück durfte Battambang es organisieren.

Die Woche über gab es schon den Markt mit vielen verschiedenen Ständen mit Kleidung, Essen, und was man sich so vorstellen kann.  Ich habe mir ziemlich die Füße wund gelaufen, weil ich unbedingt alles entdecken wollte. Sogar auf das etwas zu schnelle und nicht sehr solide wirkende Riesenrad habe ich mich am Ende getraut… Das fremde Mädchen neben mir fand es wohl auch ziemlich aufregend, sie hat jedenfalls meinen Arm die ganze Fahrt nicht losgelassen…

Und am Sonntag und Montag war dann das Highlight des Festivals: die Bootsrennen. Dabei treten Teams aus allen Provinzen und Communitys aus der Umgebung gegeneinander an: von 10 bis 60- Mann stark, Teenager oder Erwachsene, Männer oder Frauen-Teams war alles dabei. Immer zwei Teams gleichzeitig treten gegeneinander an und fahren in den Drachenbooten um die Wette.

Tausende von Menschen jeden Alters stehen am Ufer und bewundern das Spektakel in der Hitze der Mittagssonne. Ich mitten unter ihnen und beneide die Voraussicht der Kambodschaner die mit Hüten, Schirmen und langer Kleidung ausgestattet sind, um sich gegen die Sonne zu schützen. Wenigstens eine gute Sicht auf die Boote ist mir immer sicher, da ich die meisten Menschen um mindestens einen halben Kopf überrage. Die Rennen gingen Sonntag und Montag für mehrere Stunden.  Am Ende der Feierlichkeiten wurde dann der Sieger gekürt, und es gab ein großes Feuerwerk.

Wie man also sehen kann wird es nie langweilig, doch ich denke das war erstmal genug von mir.

Ich hoffe du konntest einen kleinen Einblick in meine erste Zeit und Kambodscha bekommen!

Vielen Dank fürs Lesen und bis zum nächsten Mal 🙂