Die ersten Wochen im warmen Herz von Afrika

Stell dir vor, es ist früh morgens. Du liegst im Bett und bist nach einer langen erholsamen Nacht gerade erst aufgewacht. Sofort nachdem du die Augen geöffnet hast, wird dir bewusst, dass dieser Tag kein gewöhnlicher Tag ist. Es ist der erste Tag einer langen Reise, welche dein Leben für die nächsten Monate entscheidend prägen wird. Wie fühlst du dich? Bist du aufgeregt? Bist du voller freudiger Erwartungen, dir aber auch bewusst, dass diese Reise dich für die nächsten Monate in ein komplett neues Land, mit einer für dich fremden Kultur und einer unterschiedlichen Lebensweise führen wird?
Falls dir in solch einer Situation ähnliche Gedanken durch den Kopf gehen würden, weißt du, wie ich mich vor ca. einem Monat am Morgen des 05. September 2022 gefühlt habe. Dem Tag meiner Abreise in ein Land, in welchem ich nun seit einiger Zeit leben darf, Malawi.

Meine Reise in einen Staat, welcher von seinen Bewohnern auch liebevoll das warme Herz von Afrika genannt wird, begann leider wenig motivierend mit einer dreistündigen Verspätung meines ersten Fluges nach Amsterdam am Münchner Flughafen. Das hatte jedoch den netten Nebeneffekt, dass ich zufälligerweise in den Firmenurlaub des Teams einer bekannten Lernapp hineingeraten durfte und dadurch gleich mal die Möglichkeit hatte, mich bei ihnen persönlich für den ein oder anderen Lichtblick nach einer im Nachhinein doch nicht so aufschlussreichen Mathestunde bedanken zu dürfen. Durch dieses kleine persönliche Highlight bestärkt, ging es für mich mit einem relativ ereignislosen Flug ins Venedig des Nordens. Und dort nach einem mehrstündigen Aufenthalt, welchen ich größtenteils schlafend im Gate verbracht habe (Zugegeben: die Nacht war doch nicht ganz so erholsam wie am Anfang beschrieben😅) weiter mit einem Nachflug Richtung Nairobi. Ich hatte mir vorgenommen, die Zeit während des Fluges einigermaßen sinnvoll zu nutzen und etwas für meine Sprachkenntnisse zu tun, was jedoch darin mündete, dass ich fast den ganzen Flug Serien schauend verbrachte. Immerhin auf Englisch. So kann man es doch noch als letzten Feinschliff für die Sprachvorbereitung zählen lassen😁✌️. Von Nairobi aus ging es dann in einer letzten Etappe nach Lilongwe, der Haupt- sowie auch größten Stadt Malawis.

 

Endlich war es soweit! Ich betrat das erste Mal Malawischen Boden. Die Beantragung des Visa on Arrival am Flughafen war schnell erledigt. Als einzigen Wermutstropfen musste ich allerdings am Gepäckband feststellen, dass mein Gepäck in Nairobi geblieben war, weswegen ich, wohl oder übel, die erste Woche auf meine Koffer verzichten musste. Am Flughafen wurde ich von Oweni, einem befreundeten Fahrer der Benga Catholic Parish begrüßt. Zusammen begaben wir uns auf eine abenteuerliche zweistündige Fahrt von Lilongwe nach Benga im Nkhotakota District. Diese Fahrt ist mir besonders wegen des coolen Humors von Oweni in Erinnerung geblieben. Neben meiner ersten privaten Chichewa Stunde (neben Englisch eine der Amtssprache von Malawi), wurde ich von ihm gleich mal ausführlich in die Malawische Fußballliga eingewiesen. Das ging so weit, dass sein Lieblingsteam jetzt auch mein Lieblingsteam ist😉. Schlussendlich war es dann soweit: Vor mir lag das Ziel meiner Reise. Die Eingangspforte der Benga Catholic Parish.
Markttag in Benga Village
Die Gebäude der Parish liegen ca. einen Kilometer entfernt vom eigentlich Dorf Benga und bilden fast schon ein eigenes Dorf für sich. Innerhalb einer großen Mauer liegen neben der Zentralkirche der Pfarrei, welche aus insgesamt 52 verschiedenen Kirchen in drei verschiedenen Malawischen Distrikten besteht, auch Wohngebäude, Verwaltungsgebäude, Lagerräume, ein eigenes Haus für die Küche, ein Essenshaus etc. Außerdem sind auf dem Pfarreigelände mehrere Ställe für Tiere, wie Hennen und Ziegen, untergebracht sowie ein eigener Garten, in welchem Kräuter und Gemüse angebaut werden, da sich die Angehörigen der Pfarrei größtenteils selbst versorgen. Die Pfarrei wird von den zwei Pfarrern Manolo und Stephen des MCSPA betreut, einer ursprünglich in Spanien gegründeten Missionsgemeinschaft, deren Mitglieder sich heute über mehrere Länder verstreut und sich der Seelsorge und Armenhilfe gewidmet haben. Neben den beiden Priestern leben auch noch 18 Mitglieder eines Priesterseminars dauerhaft auf dem Gelände (alle im Alter zwischen 19 – 25), welche mich sehr herzlich aufgenommen und mir in den letzten Wochen viel in der Pfarrei aber auch in der Umgebung von Benga gezeigt haben.
Die ersten Eingewöhnungstage wurden mir sehr durch die bereits vorherrschende Routine im Zusammenleben innerhalb der Community erleichtert. Hier mal ein hoffentlich kurzer Überblick. Ein normaler Tag beginnt in der Regel mit einer Messe um 6:30 Uhr und einem anschließenden Frühstück. Danach werden die Aufgaben für den Tag besprochen ( Zu meinen Aufgaben später mehr). Um 13 Uhr gibts Mittagessen. Der eigentlich immer sehr arbeitsreiche Tag endet mit gemeinsamen Gebeten um 19 Uhr, woran sich wiederum ein gemeinsames Abendessen anschließt. Bei welchem sich meist über die Fortschritte der verschiedenen Projekte der Pfarrei ausgetauscht wird (aber ab und an auch mal eine Serie geguckt wird😉).
Der Innenhof des Pfarreigeländes
  Doch was sind eigentlich meine Aufgaben hier? Ich habe die Möglichkeit bekommen, zum einen zwischen der Primary School von Benga sowie dem Eldery Programm der Parish zu wählen (Die Gebäude der beiden Projekte befinden sich auf dem Gelände der Pfarrei). Da aber in Malawi momentan Schulferien sind, durfte ich die ersten Wochen hier nutzen, um das Elderly Programm mal etwas näher kennenzulernen.
 Von meinem ersten Arbeitstag an war ich von der Vielschichtigkeit des auch als Agogo Programm ( Agogo ist eine respektvolle Bezeichnung für ältere Menschen) bezeichneten Projektes mehr als beeindruckt. Es setzt sich dafür ein, die älteren Bewohner von Benga in allen Bereichen der Pfarrei bestmöglichst zu unterstützen. Das geschieht unter anderem durch die Lieferung von Lebensmitteln an ihre Häuser, gemeinsame Aktivitäten im Centre des Programms auf dem Pfarreigelände und durch mein persönliches Lieblingsprojekt, dem Housing Project. Dabei arbeitet die Pfarrei mit lokalen Handwerkern zusammen, um den Mitgliedern des Programmes für wenig Geld neue Häuser zu bauen, um diesen einen besseren Lebensstandard zu ermöglichen. So kam es, dass ich die letzten Wochen meistens unterwegs war und zusammen mit Nathan und Wisdom ( zwei Jungs vom Seminar, welche sich sehr im Elderly Programm engagieren) die Möglichkeit hatte, viele Mitglieder des Programmes zuhause zu besuchen sowie den Baufortschritt der verschiedenen Häuser zu begutachten.
Gruppenbild vor einem Haus des Projekts
 Ich hoffe, du hast nun ein besseres Bild von meinem Alltag in Benga und kannst dir vorstellen, was ich den ganzen Tag so mache. Beim nächsten Mal erfährst du mehr über meinen letzten Besuch in Lilongwe, meinen ersten Besuch am Lake Malawi und vielleicht auch wie es ist, in einer Malawischen Primary School zu arbeiten. Es würde mich sehr freuen, dich weiterhin als Begleiter bei meiner Reise dabei zu haben und ich wünsche dir bis dahin auch noch weiterhin wunderbare Tage.
Tionana ( See you later).🙏
Matthias