Schwarzwälder Kirschtorte mit bittersüßem Nachgeschmack

Maayung buntag!

Die letzten Wochen habe ich mich wieder gut zu Hause eingefunden, trotz des Vermissens und der großen, besonders wettertechnischen Veränderungen.

Die letzte Zeit im Projekt, war tatsächlich auch die Beste, aber man soll ja gehen, wenn es am Besten ist.

Die zwei Monate vor unserer Ausreise waren sehr intensiv, weil ich versucht habe, noch einmal alles zu genießen, damit es in guter Erinnerung bleibt.

Ich war wann immer es möglich war abends im Jugendzentrum, wo Aktivitäten zur Einkommengenerierung stattfanden, habe im Sommerprogramm der Scholars mitgeholfen und versucht, mir beim Feeding jedes einzelne Gesicht zu merken.

Der Gedanke des Abschieds war zwar stets da, aber weil so viel zu tun war, wie etwa Geschenke besorgen oder tausend mal zur Einwanderungsbehörde zu rennen, aus Angst, man würde uns nicht mehr gehen lassen, war es nie so präsent.

Im Sommer Programm konnten die Scholars Geige, Tanzen, Gitarre, Ukulele und Cello lernen und weil ich eine Ukulele habe, aber nicht spielen kann, haben es mir ein paar der jüngeren Scholars gezeigt, wenn ich nicht gerade am Abschiedsbriefe schreiben oder Plektren für die Gitarren kaufen war.

Zudem war unsere Chefin Tita Regi in der letzten Woche auf einem sogenannten ‚Retreat‘, und wir haben gemerkt, wie sehr wir sie brauchen.

Trotzdem hat alles geklappt, alle haben mitgeholfen, und so wurde besonders mein Geburtstag zu einem echten Highlight. Der stand neben den vielen anderen Dingen nämlich auch noch an.

Ich glaube, ich wurde noch nie so groß gefeiert, und mir wurde sogleich versichert, ich solle mich nicht daran gewöhnen, in Deutschland wäre das dann nicht mehr so.

Ich wurde schon mit Kuchen und Rosen geweckt, nach dem Feeding gab es dann eine riesige Party mit den Scholars, inklusive noch mehr Kuchen, einem Buffet und einer, dank Moritz, von mir lang ersehnten, glutenfreien Schwarzwälder Kirschtorte. 

Zu diesem Zeitpunkt tat mein Mund vom Lachen und Lächeln schon weh.

Dann haben die Scholars ein Programm vorbereitet, es wurde mein Lieblingslied gesungen, getanzt, und zwei Mitarbeiterinnen haben extra ein deutsches Lied einstudiert.

Am Abend sind wir dann mit Salvo Essen gegangen, es gab noch mehr Geschenke und dann haben wir den Tag, wie sollte es auch anders sein, mit einer Karaoke-Session ausklingen lassen.

Schwarzwälder Kirschtorte in den Tropen

Nach meinem Geburtstag ging dann alles sehr schnell. Tita hatte viele Gäste, also war das Haus voll und wir haben noch viele letzte Ausflüge gemacht.

Der erste wirkliche Abschied war dann eine Woche vor Ausreise, als ich das letzte Mal ins Kinderheim in Pasil gegangen bin.

Die Kinder zu verabschieden fiel mir schwer, ich habe sie aufwachsen sehen, seit dem Moment in dem sie ins Heim kamen, krank und unterernährt, sodass viele nur liegen konnten, bis jetzt, wo viele von ihnen schon sitzen oder sogar stehen können, dank der Schwestern und Pflegerinnen.

Bilder sind in dem Heim zum Schutz der Kinder verboten, deshalb kann ich diesen Teil meiner Arbeit hier nicht zeigen. 

Aber ich war nicht die einzige, die ging. Elf der älteren Kinder, die bereits gesund waren, wurden kurz nach meiner Abreise in ein anderes Heim verlegt, in dem sie jetzt zur Schule gehen können.

Und so ging es weiter, alles schien sich plötzlich zu fügen.

Etwa der Zwilling eines Kindes aus dem Heim, dessen Eltern Teil des Feeding Programms sind und demnach auf der Straße leben, der schließlich ins Heim gebracht wurde, sodass die Brüder gemeinsam gesund werden konnten.

Oder ein Scholar, dessen größter Wusch seit ich ihn kannte immer ein Handy war, und der nun Arbeit gefunden hat und sich endlich eins kaufen konnte.

Der Spielplatz in Pasil, der seit Beginn unseres Aufenthaltes gebaut wurde und nun endlich fertig ist.

Und das sind nur einige Bespiele.

Dies war ein fundamentaler Aspekt, warum der Abschied zwar schmerzhaft, aber nicht unerträglich war. Das Wissen, dass sich so viele Dinge gefügt haben, das Gefühl, dass man helfen konnte. 

Nach einer letzten Umarmung im Heim dachte ich eigentlich, nur die älteren würden verstehen, dass ich für eine lang Zeit nicht wieder komme. Aber als der Zweijährige, der nach langer Zeit des Aufpäppelns nun endlich sitzen kann mir aus seinem Kinderbett selig zulächelte und nachdem ich ihm schweren Herzens wank, plötzlich die Hand hob und meine Geste wiederholte, da dachte ich, dass Kinder so viel mehr verstehen, als wir glauben.

Viele Geschenke der Schwestern und sogar der Kinder später, musste ich das Heim dann mit einem letzten Blick und schweren Herzens verlassen.

Viele Abschiede liefen auch lautlos ab, Moritz sagte einmal, etwa 7 oder 8 Wochen vor Ausreise zu mir „Jetzt beginnen ganz viele letzte Male, ohne, dass wir es wissen“. Das fasst es wohl ganz gut zusammen.

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Der nächste offizielle Abschied war dann der letzte Ausflug mit Salvo, ein letztes Mal schwimmen, ein letztes Mal um 2 Uhr nachts aufstehen, um dann mit dem Bus ans Meer zu fahren, ein letzter Abend voll melancholischer Karaoke.

Anschließend folgte der Abschied von unserer Jugendgruppe, es gab eine Diashow, Nachrichten, Spiele und ein von der Ukulele begleitetes „Leaving on a jetplane“, das mich durch die nächsten Tage begleitete. 

Am Montag vor Ausreise stand dann der Abschied von den Scholars an, mit Programm der Scholars, verschiedenen Reden, auch unsererseits, letzten Geschenken, Umarmungen und sehr, sehr vielen Fotos. Am Abend verabschiedete ich mich dann von der Jugend, mit der ich die letzten Wochen sehr viel Zeit verbracht hatte, entsprechend schwer fiel mir der Abschied.

Spätestens da liefen die Tränen dann ohne Halt und das nicht nur bei mir.

Eine nächtliche Verzweiflung, weil mein Koffer durch die Geschenke statt 25kg 31kg wog später, ging es dann zum Flughafen. Natürlich nicht ohne die Angst entweder wegen des Visa oder meines Übergepäcks nicht aus dem Land gelassen zu werden.

Salvo kam mit, Tita Regi und die anderen Mitarbeiterinnen und ein paar andere Freunde. Bis zum eigentlichen Abschied vor dem Flughafen war eigentlich alles gut, ich freute mich und ich glaube wirklich realisiert, dass es jetzt nach Hause ging, hatte ich nicht.

Noch mehr Fotos und eine weitere Aufregung später, weil ich natürlich mein Handy im Badezimmer des Flughafens vergessen hatte musste ich dann wirklich „auf Wiedersehen“ sagen.

Plötzlich ging mir alles zu schnell und bis ich im Flieger war – wie vermutet nach einigen Problemen bei der Auswanderungsbehörde und durch mein Gepäck – hatte ich vermutlich den durchschnittlichen Niederschlag an einem normalen Tag auf den Philippinen geweint. Dazu muss man wissen, dass dort bis auf drei Monate im Jahr eigentlich immer Regenzeit ist.

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Nachdem ich mich in Singapur, nach einem Sprint durch den Flughafen, weil unser Flieger verspätet war dann hektisch von Moritz verabschiedete, bekam ich glücklicherweise gerade noch so mein nächstes Flugzeug, was bei unserer Verspätung von mindestens 40 Minuten für das Boarding dann doch ein kleines Wunder war.

Aber spätestens, als ich 17 Stunden später meine Familie in den Arm nehmen konnte, war aller Stress vergessen. Trotz all der tollen Erlebnisse, meiner Entwicklung und der Menschen, die ich dort kennengelernt habe und jetzt Freunde nennen kann, ich habe meine Familie doch sehr vermisst.

Der Jetlag hat dank meines kaputten Monitors im Flugzeug zwar noch ein paar Tage gebraucht, aber ich habe mich schnell wieder eingelebt. Anfangs habe ich täglich mit meinen Freunden dort telefoniert, bis jetzt bleiben wir viel in Kontakt und telefonieren, auch meine Chefin ruft mich oft an.

Ich denke, mein gutes Einfinden hat auch viel damit zu tun, dass wir einen guten Abschluss im Projekt hatten. Wir können zwar viel helfen, das Projekt läuft dank der Spenden und vielen engagierten Menschen sowohl in Deutschland als auch vor Ort aber auch sehr gut allein. 

Sicher waren auch die letzten Monate nicht immer einfach, einmal landete ich mit einer Magenschleimhautentzündung im Krankenhaus, sicherlich die am wenigsten schöne Erfahrung dort. Aber es waren so viele Menschen sofort zur Stelle, dass ich mich zumindest nie allein gefühlt habe. 

Ich habe noch einmal erlebt, wie viel Unterstützung ich bekommen habe, wie viel Wertschätzung und Freundschaft.

Und sicher bin ich manchmal traurig, nicht mehr dort zu sein, aber ich weiß, dass es kein Abschied für immer ist. Nicht nur, dass ich versprechen musste, spätestens in drei Jahren wiederzukommen, auch weiß ich, dass es immer einen Ort geben wird, an den ich zurückkehren kann. Mein Freiwilligendienst hat mir so viel gegeben, und vor allem auch die Inspiration, weiter helfen zu wollen. Denn Helfen kann man überall.

Amping mo!

Mailin