Schulstart, Strand und Sprachen lernen

Mitte September haben hier in Kep die großen Schulferien begonnen. Den einen Tag, wo die Ferien gestartet haben und alle Schüler:innen nach Hause gefahren sind, gab es aber in dem eigentlichen Sinne nicht. Viel mehr war es ein Prozess von zwei Wochen, wo alle Schüler:innen mit und mit abreisten. Ein Grund dafür war das die Kinder der Brother Sun Children (der neue Name des Children Funds) erst eine Woche später Unterrichtsfrei hatten und anschließend auch noch warten mussten, bis sie von ihren Eltern oder anderen Verwandten abgeholt werden konnten.

Irgendwann war dann aber doch der Tag gekommen, an dem alle Schüler:innen weg und es in der sonst so lebhaften, chaotischen Don Bosco Schule  gespenstig still war. Für mich bedeutete das zudem, dass die meisten meiner Aufgaben dadurch einfach minimiert wurden. Ich konnte zwar helfen die Schule aufzuräumen, sie sauber halten oder die Köchinnen bei ihren Aufgaben unterstützen, dennoch hatte ich plötzlich viel zu viel Zeit. Glücklicherweise war dieser Zustand nur von kurzer Dauer und ich konnte die Don Bosco Schule in Phnom Phen besuchen, wo während der Ferien Hausbesuche bei zukünftigen Don Bosco Schüler:innen statt fanden.  Bei diesen Besuchen werden Daten zu den Schüler:innen gesammelt und  Bilder von ihnen mit ihrer Familie gemacht.

Neben mir war auch noch meine Mitfreiwillige Ida und zwei Freiwillige von der Französischen Organisation Fidesko an der Don Bosco Schule und wir alle bekamen die einmalige Möglichkeit, die zwei Mitarbeiter:innen auf ihren Besuchen durch Phnom Phen und der Ta Prom Profinz zu begleiten.

Diese ereignisreichen Tage habe ich aus sehr unterschiedlichen Gründen, als sehr lehrreich und wertvoll empfunden. Auf jeden Fall haben sie mich nachdenklich zurück gelassen. Zu einem konnte ich in der Zeit mein Khmer stetig verbessern und ausprobieren. Darüber hinaus waren diese Hausbesuche spannend, aber um Ehrlich zu sein auch emotional fordernd, da viele Schüler:innen und ihre Familien in schwierigen Verhältnissen leben.  Wenn ich von Familie rede meine ich aber nicht nur Eltern und Kinder, die gemeinsam unter einem Dach leben, nein,  sondern auch Großeltern, Tanten und Onkel mit ihrem Nachwuchs. Denn was  in Deutschland als  mehr Generationenhaus gelten würde, ist hier ganz normaler  Alltag. Wenn wir zu Besuch kamen, schneiten oft auch noch Nachber:innen vorbei, so das wir meistens von einem Pulk von Menschen empfangen wurden. Grundsätzlich wurde uns überall mit der für Kambodscha typischen Gastfreundschaft begegnet und oft kriegten wir Wasser und Obst angeboten. (Meistens mehr als wir essen oder trinken konnten.)

Die Anzahl der Schüler:innen die wir täglich besuchten, hing von der Strecke zwischen den einzelnen Häusern ab. Es gab Tage wo wir zwischen den Häusern weit fahren mussten und Tage wo wir nur ein Dorf besuchten, indem viele Kinder wohnen. Begleitet wurden wir immer von einem/ einer lokalen Freiwilligen, welche uns zu den Kindern führte, da es in den Dörfern keine Straßenamen, Hausnummern (ich habe die Orientierung ziemlich schnell verloren) und meistens auch keine asphaltierten Straßen gibt (letzteres macht Auto fahren zu einem ganz eigenen Abenteuer.)

Generell haben sich viele bei dem Wort Haus vermutlich die Backsteingebäude aus Deutschland vorgestellt, so wäre es mir zu mindestens bis vor einer Weile ergangen. Jedoch waren die Häuser in denen ich Gast sein durfte, in ihrer Größe und Beschaffenheit sehr unterschiedlich und nur in den allerseltensten Fällen aus Backstein. Die allermeisten Häuser sind aus Holz mit einem Blechdach, sowie einem Beton oder Holzboden. Es gibt meistens ein offenes Erdgeschoss wo sich über Tag, halb überdacht halb im Freien, das ganze Leben der Menschen abspielt. Das ist einer der Sachen die mir hier besonders gut gefallen, der Großteil des Tages befindet man sich an der frischen Luft. Über dem halb offenen Raum befindet sich eine geschlossene Etage mit dem Schlafzimmer. Es gab jedoch auch Häuser die keinen Holz- oder Betonboden haben. Diese stehen direkt auf der Erde, bestehen nur aus Blech und beinhalten zumeist nur einen kleinen Raum. Diese Art von Häuser drängen sich dicht an dicht aneinander und befinden sich oft in Flussnähe. Dort läuft die Müllentsorgung nicht gut, weshalb der Müll im Fluss oder vor den Häusern gestapelt liegt. Für mich persönlich war es surreal solche Lebensumstände zu sehen, wobei ich froh war Menschen um mich herum zu haben mit denen ich über meine Eindrücke reden konnte, um sie besser zu verarbeiten. Seitdem habe ich viel über unsichtbare Privilegien und angelernte Selbstverständlichkeiten gegrübelt. Die Hausbesuche haben mir zudem gezeigt das auch die Schüler:innen untereinander aus verschiedenen Gesellschaftsschichten, sowie Vermögensverhältnissen kommen.

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Hier einmal ein Bild und ein Video von unseren Besuchen.

Anschließend an meine Zeit in Phnom Penh gab es für mich einen abrupten Tapetenwechsel, denn  ich war mit den anderen Freiwilligen 3 Tage in Siam Raep, wo die viele Tempel aus der Angkor Periode (10.bis 14 Jahrhundert stehen) stehen.  Der Ort zeigt eine ganz andere Facette von Kambodscha und mir fehlen immer noch ein wenig die Worte wenn ich versuche zu beschreiben, wie ich mich gefühlt habe als ich durch die vielen, gigantischen, beeindruckenden Tempelanlagen geschlendert bin.

 

Anschließend ging es für mich zurück nach Kep, wo einige der Brother Sun Children und der Technical Highschool Schüler:innen schon wieder in ihren Alltag eintauchten, da die Schule wieder began, auch wenn jeden Tag neue Schüler:innen eintrudelten. Auf mich wartete aber auch noch eine ganz andere Überraschung. Ich sollte den Englischunterricht der Technical Highschool unterstützen! Der Schwerpunkt soll sein, dass sich die Aussprache der Schüler:innen verbessert, ihr Hörverstehen trainiert wird und sie grundsätzlich geübter in Englischer Konversation werden. Zudem gibt es aber auch inhaltliche Themen die abgeklappert werden müssen. Dabei ist die ganze Zeit ein Lehrer dabei, um zwischen mir und den Schüler:innen zu übersetzten, da das englische Niveau der Schüler:innen sehr unterschiedlich ist und ich in Khmer ja auch nicht so vorangeschritten bin. Um keine Zeit zu verlieren sollte ich auch direkt am nächsten Tag anfangen, ihr könnt euch meine Überraschung  an dieser Stelle vorstellen! Zu sagen ich war überrumpelt wäre eine Untertreibung gewesen, doch inzwischen kann ich mir meine Woche fast nicht mehr ohne die Klasse vorstellen. Ich suche im Bezug  aufs „unterrichten“ immer noch meine Routine, aber schon jetzt macht mir das viel Spaß mit den Schüler:innen . Ich bin der ersten Klasse des Social Comunikation Department zugeteilt wurden( wir erinnern uns die Technical Highschool ist unterteilt in vier Departements und im ersten Jahr sind die Schüler:innen die erfolgreich die Klasse 12 der Highschool abgeschlossen haben). In den letzten Wochen sind noch einige neue Schüler:innen eingetroffen, so das die Klasse inzwischen 20 Schüler:innen zählt. Es braucht immer noch eine Weile bis ich Dinge die ich in meinem English mit Khmer Fetzen erkläre, auch vermittelt kriege, jedoch spornt es mich nur noch mehr an die Sprachbarriere so weit wie möglich zu reduzieren. Es wäre jedoch gelogen, wenn ich behaupte diese Barriere würde nicht auch für viele Lacher und gute Stimmung sorgen, da beide Seiten auf Zeichensprache zurück greifen müssen. Mit Buchstabierwettbewerben, vielen Partneraufgaben und auch dem ein oder anderem winzigem Diktat wird es jedenfalls nie langweilig.

Ich helfe  meistens morgens in der Klasse, wenn die meisten Schüler:innen der Brother Sun Children selbst in der Schule sind. Auch dort sind einige neue Schüler:innen dazu gekommen und seit ich wieder da bin ist das größte Ziel der Sisters, Lehrer:innen und auch der Freiwilligen das die neuen Schüler:innen sich wohl fühlen und gut in die Gruppe integrieren werden. Meine Aufgabe ist dabei viele Gruppenspiele zu spielen und mich mit Ideen für Gruppenaktivitäten einzubringen. Beispielweise haben wir an einem Samstag alle zusammen Muscheln und Steine am Strand gesammelt und diese zusammen bemalt. Die Sisters haben sich Steine mit Naturmotiven gewünscht, was die Schüler:innen mit vollem Eifer umgesetzt haben. Ich selbst konnte mich dabei auch am Steine bemalen ausprobieren. Darüber hinaus gab es auch eine Handvoll Ausflüge durch Kep, damit die Neuen die Umgebung kennenlernen und sich etwas heimischer fühlen. Unteranderem haben wir dafür den Nationalpark besucht, dort gibt es eine kleinere Wanderute mit unzähligen Möglichkeiten zum hinsetzen und ausruhen (oft waren es sehr bequeme Hängematten.) Der Park befindet sich auf einem der Berge hier und ist geschmückt mit Palmen, gigantischen Bäumen, sowie allerhand Krabbeltiere. Ich habe den Trip genutzt um ein paar der neuen Mädchen besser kennenzulernen. Dabei konnte ich auch ganz praktische Khmer Vokabeln wie „Tom“ groß und „dot“ klein lernen.

Neben dem Nationalpark gab es auch eine kleine Runde durch Kep und mindestens drei Strandbesuche. Wobei diese im Moment etwas kompliziert ist, da im Moment Quallen Saison ist und die Quallen hier wirklich Schaden anrichten können. Zu Fuß sind von der Schule aus drei Strände gut zu erreichen, wobei nur der Hauptstrand, in Kep City im Moment Quallen frei ist. Den Schüler:innen  zu erklären wieso wir zwar an den Strand aber nicht immer  ins Wasser gehen können, war daher ein Kraftakt. Am Entspanntesten ist es daher die 45 Minuten Fußweg auf sich zu nehmen und an den Quallen Freien Strand zu gehen statt zu den beiden näher gelegenen Stränden. Das machen wir dann meistens am Wochenende, in Begleitung einer Lehrer:Inn oder einer der Sisters und um ehrlich zu sein sind diese Tage einer meiner absoluten Highlights. Denn habe ich die Gelegenheit mit den  Schüler:innen wilde Wasserschlachten oder Ballspiele zu bestreiten und auf dem Rückweg etwas Leckeres zu essen (für diese Marmeladenglas Momente bin ich richtig dankbar). Neben dem neuen Schuljahr beginnt nun aber auch  die Planung für Weihnachten. Obwohl in Kambodscha selbst kein Weihnachten gefeiert wird, schmücken die Schüler:innen jedes Jahr die Schule und es gibt eine kleine Weihnachtslotterie sowie ein Theaterstück. Ich freue mich riesig auf die Vorbereitung und die Feiertage und bin trotz des warmen Wetters und dem Strand  schon in richtiger Weihnachtsstimmung. Darüber hinaus freue ich mich sehr in meinem nächsten Blockbeitrag mehr davon zu erzählen.