Hitze, Wasser und Puder
Feiertage haben in Kambodscha definitiv einen hohen Stellenwert und Battambang ist die perfekte Stadt, um diese zu feiern.
Nicht zu groß und von Touristen überrannt, aber groß genug, dass viele Veranstaltungen und Feste organisiert werden und es regelmäßig was zu feiern gibt. Normalerweise wird in Kambodscha nicht viel gelaufen und so ist es schön, Leute bei den Straßenfesten zu Fuß zu sehen.
Khmer New Year ist der wichtigste Feiertag in Kambodscha und das bekam auch ich zu spüren, denn schon zwei Wochen zuvor war bei meinen Schülern Ferienstimmung. In den Schulen gibt es schon erste Feiern und traditionelle Spiele und es liegt Vorfreude in der Luft auf die kommende Zeit. Da ich seit April bei Phare mit helfe, war ich auch bei den Feierlichkeiten in der Woche vor Khmer New Year dabei.
Am Morgen versammelten wir uns alle und es wurde ein traditioneller Tanz aufgeführt und danach traditionelle Spiele gespielt. Da gab zum Beispiel Tauziehen, eine Art Brennball und eine abgewandelte Form von Eins-Zwei-Drei-Ins-Faule-Ei, bei der man den anderen mit einem Stoffball jagt. Dabei wurde auch schon das erste Mal mit Puder ge…dingst.?! Sich gegenseitig Puder ins Gesicht zu schmieren, soll Glück fürs neue Jahr bringen. Gerade als “Barang” (Ausländer) ist man dafür ein beliebtes Ziel.
Nachmittags bin ich zurück zu KMR gegangen, wo eines der renovierten Häuser eingesegnet wurde. Dabei kommen Mönche aus der nah gelegenen Pagode vorbei und führen eine Zeremonie durch. Bevor sie ankamen, haben wir Räucherstäbchen angezündet und gebetet. Das ganze Team war da und die meisten Frauen haben traditionelle Röcke und weiße Blusen an. Was dort gesagt/ bzw im Singsang erzählt wird weiß ich nicht, aber die meisten Khmer auch nicht, da die Sprache sehr veraltet und religionsspezifisch ist.
Ich hab versucht die Mönche nicht anzuschauen (gilt als unhöflich), versucht zu ignorieren das mir vom Sitzen auf dem Boden die Beine einschlafen und ein paar Fotos geschossen (die ich bis heute nicht gepostet habe..ich füge Mal eins hier ein)
Danach haben wir gemeinsam gegessen und wie es sich gehört Karaoke gesungen. Ich werde mal ein Video verlinken, weil ich es interessant finde wie anders sich die Musik hier anhört. https://www.youtube.com/watch?v=K8SAtoHoRqA
Am Anfang fande ich es sehr merkwürdig, aber inzwischen habe ich es wirklich zu schätzen gelernt und einige Khmer-Songs sind auf meiner Playlist gelandet. Mit Abstand der berühmteste Künstler ist der Sänger/Rapper Vannda, dessen Musik man beim besten Willen nicht entkommen kann und auch ich bin inzwischen zum Fan konvertiert. Wenn ich mit meinen Englischschülern Musik höre wird sofort gerufen: “Chong bot Vannda!”
Noch am selben Tag gab es bei Phare abends zwei Theaterstücke, Essen und Live Musik. Es war echt witzig Juliette und die anderen Phare Mitarbeiter auf der Bühne zu sehen. Es war eine sehr lustige Variante von “Die zertanzten Schuhe”. Abends haben wir dann getanzt und ein paar Leute haben noch live gesungen.
Khmer New Year geht offiziell von Freitag bis Sonntag, aber die meisten Leute feiern schon am Donnerstag mit ihrer Familie. Meine Freundin Chanrouth hatte mich zu sich nach Hause eingeladen. Sie ist die zweitjüngste von 7 Kindern und bis auf sie und ihren jüngeren Bruder sind alle Geschwister verheiratet und haben Kinder. So war es im Haus ein buntes Treiben und es gab viel für mich zu sehen.
Natürlich gibt es gutes Essen, für die Kinder Spiele, Segnungen durch die Mönche(bei denen man komplett mit Wasser übergossen wird) und am Abend haben wir noch den Sangkran besucht. Das ist eine Art Markt mit vielen Buden,Essen und Bühnen. Die Bäume rund herum sind mit hunderten Lampions behangen und strahlen in der Nacht wunderschön.
Der Markt steht fast eine Woche und jeden Tag gibt es neue Veranstaltungen und Shows.
Es gab eine Bühne für traditionelle Aufführungen und Musik und eine riesige „Partystage“ bei der fast 3 Tage am Stück die Wasserkanonen gehen. Diese Wasserwerfer sind oben auf Feuerwehrautos angebracht und lassen Wasser auf die Feiernden regnen (das man später wohl indirekt durch danach erhöhte Strompreise bezahlt …). Da wird das Puder das man auf seinem Weg in die Menge ins Gesicht bekommt, gleich wieder abgespült.
Auch die Route nach Ek Phnom zu fahren ist sehr beliebt. Viele auf ihrem Moto und einige auf der Ladefläche eines Trucks, kann man sich nur Zentimeterweise vor bewegen. Hier schießen viele mit Wasserpistolen scharf und wir hatten uns zwischenzeitlich zu einer Familie am Straßenrand gestellt, da unser Truck keinen Zentimeter vorwärts kam. Ein kleines Mädchen hatte es besonders auf mich abgesehen und begoss mich mit Freuden mit eiskaltem Wasser.
Es waren quasi drei Tage bunte Dauerfeier und ich war gefühlt die ganze Zeit nass mit kurzen Unterbrechungen. Man musste schon sehr böse schauen oder zu Hause bleiben um kein Wasser abzubekommen. Danach geht es auch recht entspannt weiter, da der Mai viele Feiertage hat. Die Schüler hatten weiter Ferien da dieses Jahr in Kambodscha die SEA-Games veranstaltet wurde, eine Art Olympiade für Süd-Ost-Asien.
Meine Freundschaften und Projekte in Phare waren etwas das mir viel Spaß gemacht hat. Ein Highlight war das S’art Festival das im Juni in Battambang stattfand und in dem Phare Künstler aus Kambodscha und dem Ausland einlud.
Eine Woche lang gab es jeden Tag Workshops von Hip Hop tanzen bis Pagodenmalerei. Auch wurden auf einer Straße in der Innenstadt die Wände mit riesigen Malereien verschönert.
Künstler teilten ihr Wissen und Erfahrung und tauschten sich untereinander aus. Ich ging besonders gern abends den Musikern zuhören und den Hip Hop Tänzern und Circusartisten zu sehen, aber habe auch selbst gern mit meinen Freunden getanzt.
Am Samstag gab es dann eine große Parade die sich in der Abenddämmerung durch die Innenstadt schlängelte. Tänzer, Musiker, Künstler mit ihren Bildern auf Wagen, alle Schüler und wer sonst noch Lust hatte liefen mit und es war eine tolle Stimmung.
In einem Workshop hatten die Schüler riesige Puppen gebastelt die ein Team aus mehreren Leuten steuerte und sie regelmäßig „tanzen“ ließen.
Am Festplatz angekommen, gab es noch verschiedene Modenschauen und allerlei Aufführungen von Rappern und anderen Musikern. Die Künstler spielten fast eine Stunde länger als erlaubt und es war bis zum Schluss eine tolle Stimmung!
Ich hoffe das es dieses Festival auch in Zukunft geben wird und auch viele Leute aus dem Ausland zu Besuch kommen um mehr von der kambodschanischen und asiatischen Kunst und Kultur zu erleben.
Ich werde mich noch lange daran erinnern und hoffe auch in Zukunft einmal wieder dabei sein zu können.