Zwischen Zeitzonen, Phnom Penh und Poipet

Djum-riab suâ!

Hallo“ – Das erste Wort, das ich im Khmer-Unterricht gelernt habe.

Verrückt, ich bin tatsächlich schon seit drei Wochen hier in Kambodscha und es fühlt sich an, als wäre die Zeit bisher wie im Flug vergangen. Gleichzeitig kommt es mir aber auch so vor, als hätte ich in den ersten Wochen hier schon mehr erlebt als im letzten halben Jahr…

Aber fangen wir mal ganz am Anfang an:

7. August 2024: Die Reise nach Kambodscha, dem kleinen Land in Südostasien, beginnt. Neben der steigenden Vorfreude mischten sich Nervosität und auch ein bisschen Trauer in die Gefühlslage. Denn so sehr ich mich auch freue auf die bevorstehende Zeit, meine Heimat, Freunde und besonders meine Familie zurückzulassen war schwer, und somit begann meine Reise mit tränengefüllten Augen. Nach so vielen Wochen und Monaten der Vorbereitung und dem häufig Gefragten „Wann geht‘s denn los?“ war es nun endlich soweit. Tatsächlich hatte ich das große Glück, meine Reise nicht ganz alleine beginnen zu müssen. Mit Jenny, meiner Mitfreiwilligen aus Aachen, traf ich mich früh morgens am Frankfurter Flughafen. Gemeinsam machten wir uns auf den Weg, das richtige Terminal zu finden, gaben unser Gepäck auf und passierten den Sicherheitscheck am Gate – bei unserer mangelnden Flugerfahrung war allein das schon eine Erfahrung für sich…

Unser erster Blick auf Kambodscha…

Der Flug über Dubai mit anschließend „technischem Zwischenstopp“ in Singapur bis nach Phnom Penh verlief soweit gut. 33h später hatten wir es endlich geschafft: Wir waren in Kambodscha! Das Erste, was mir in den Sinn kam, als ich den Flughafen verließ, war: „Wow, es fühlt sich an wie ein Terrarium hier, warm und feucht“. Draußen warteten auf uns zum einen Lianne, eine Freiwillige aus den Niederlanden, zum anderen Moeun, ein Lehrer der „Don Bosco Technical Highschool“. Die beiden waren die perfekten Menschen, um uns nach so einer anstrengend langen Reise durch die halbe Welt und durch mehrere Zeitzonen abzuholen und wir waren froh, gleich ein nettes Gespräch im Auto führen zu können. Gegen 18:30 Uhr Ortszeit erreichten wir die Schule in Phnom Penh, in welcher wir für die ersten zwei Wochen bleiben würden. Und was passiert dann? Als kurze Erklärung: In ganz Kambodscha befinden sich mehrere Don Bosco Schulen, eine davon in der Hauptstadt Phnom Penh. Jenny und ich werden unseren Freiwilligendienst aber nicht dort absolvieren, sondern an unterschiedlichen Orten. Während Jenny in der „Don Bosco Technical Highschool“ in Kep ihr Freiwilliges Internationales Jahr (FIJ) macht, werde ich das nächste Jahr in der „Don Bosco General and Technical Highschool“ in Poipet als Freiwillige arbeiten. Poipet, eine Stadt an der thailändischen Grenze, liegt ca. 600 km nördlich von Kep, weshalb uns also neun Stunden Busfahrt trennen… In der Hauptstadt Phnom Penh waren wir die ersten zwei Wochen, um unser Visum zu verlängern und besonders, um Khmer, die Landessprache Kambodschas, zu lernen. Glücklicherweise sprechen die Salesianer in den Don Bosco Schulen aber untereinander Englisch und wir konnten uns schon zu Beginn unserer Zeit in Phnom Penh mit allen unterhalten und uns gegenseitig kennenlernen.

Bisher ist die Zeit hier in Kambodscha jeden Tag aufregend, besonders und eindrucksvoll. Ich erlebe täglich so viel Neues. Das beginnt beispielsweise schon bei dem sehr wilden Straßenverkehr, der zugegebenermaßen manchmal dafür verantwortlich ist, dass mein Herz einen Schlag aussetzt… Super ist aber, dass man hier mit dem Tuk Tuk super einfach und schnell von A nach B kommt.

In Phnom Penh konnten wir in den ersten zwei Wochen die Stadt ein wenig entdecken und viele wunderschöne Orte besichtigen. Die Hauptstadt ist wirklich beeindruckend. Vom Besuch des Königspalastes, über die Promenade am Flussufer (genannt Riverside), mehreren Tempelbesuchen sowie dem Bummeln über den Nachtmarkt und vielem mehr, war alles dabei. Phnom Penh ist bunt, lebendig und wo man auch hinsieht, entdeckt man etwas Neues.

Der Königspalast Kambodschas

 

Jenny und ich in einem Tempel in Phnom Penh

Doch auch in der „Don Bosco Technical Highschool“ haben Jenny und ich viel erlebt in den beiden Wochen. Neben netten Gesprächen mit den Schüler:innen und Mitarbeitenden, gemeinsamen Sportunterricht und Filmabenden mit den Internatsschüler:innen durften wir auch an einem sehr tollen Fest teilnehmen: Traditionell wird hier monatlich der Geburtstag aller Internatsschüler:innen, die in diesem Monat Geburtstag haben, gefeiert. Gemeinsam haben wir hierfür gekocht, alle zusammen gegessen und einen schönen Abend verbracht. Es wurde viel gesungen und getanzt! In Kambodscha gibt es einige traditionelle Tänze und Jenny und ich wurden sofort animiert, bei diesen mitzumachen. Es hat super viel Spaß gemacht und hat uns beiden einen weiteren Einblick in die Kultur Kambodschas ermöglicht. Eine weitere Erfahrung in der Schule war unser zehntägiger Khmer-Unterricht. „Teacher Channie“, unsere Lehrerin, war immer sehr geduldig mit uns und hat uns die Basics der schwierigen Sprache toll beigebracht. Sie hatte immer ihren vierjährigen Sohn in den Unterrichtsstunden dabei und der kleine Kerl hat sich das ein oder andere Mal prächtig amüsiert bei unserer Aussprache… Über einfachen Smalltalk auf Khmer gehen unsere Sprachkenntnisse leider noch nicht hinaus, aber glücklicherweise sind alle hier sehr geduldig mit uns und wir machen täglich Fortschritte. Der Versuch, Khmer zu sprechen, wird immer sehr positiv aufgenommen und ich bin zuversichtlich, dass wir nach dem FIJ mehr an Wortschatz vorweisen können.

Ebenfalls nennenswert in diesem Blogeintrag ist das Essen in Kambodscha. Auf die häufig gestellte Frage: „Was gibt‘s denn so zum Essen bei dir?“ kann ich immer nur antworten: Reis, und zwar dreimal täglich. Lustigerweise beinhalten auch die Khmer-Wörter für die drei Mahlzeiten immer das Wort „baai“ (= Reis). So ist die Übersetzung für Frühstück, Mittag- und Abendessen „baai brâk“, „baai thngai“ und „baai niak“. Zum Glück variieren bei den Gerichten aber die Beilagen… Die kambodschanische Küche basiert auf verschiedensten Gemüsesorten, Fisch und Fleisch. Im Vergleich zu den Nachbarländern ist das Essen nicht allzu scharf und bisher hat mir das Meiste, das ich probiert habe (und das war Einiges…), gut geschmeckt. Kulinarisch habe ich hier also schon ziemlich viel erlebt und finde es super, mich durch die typisch kambodschanische Küche durchzuprobieren. Am allerbesten schmeckt mir aber das Obst hier. Noch nie habe ich so leckere tropische Früchte gegessen und ich bezweifle stark, in Deutschland je wieder eine Banane richtig genießen zu können. Neben den tropischen Früchten, die es auch in Deutschland zu kaufen gibt, finden sich hier auch unzählige Obstsorten, die ich vorher noch nie gesehen habe. Alles wird fleißig probiert und größtenteils als gut empfunden.

Doch nicht nur das wunderschöne Land und das leckere Essen sind verantwortlich dafür, dass ich jedes Mal auf die Frage „Ida, wie geht‘s dir?“ ehrlich antworten darf: Mir geht es super! Am meisten gefällt mir nämlich die Herzlichkeit und Offenheit der Menschen in Kambodscha. Täglich wird mir hier das Gefühl gegeben, willkommen zu sein, nicht nur in Gesprächen, sondern auch in der kleinen Geste eines Lächelns, das den Tag gleich ein bisschen besser macht. Ich habe in den letzten Wochen so viele neue Bekanntschaften machen dürfen und trotz meiner mangelnden Fähigkeit, mir die Namen aller zu merken, war ich froh, mich mit den Menschen zu unterhalten. Tatsächlich gingen die zwei Wochen in Phnom Penh wie im Flug vorbei und seit dem 20.08. wohne ich in meiner Einsatzstelle in Poipet. Auch hier wurde ich nach einer achtstündigen Fahrt mit dem Nachtbus herzlich willkommen geheißen. In der Schule in Poipet lebe ich zusammen mit wunderbaren Menschen, die ich euch kurz vorstellen möchte: Father Mark ist der Schulleiter hier, hat immer ziemlich viel zu erledigen und ist ständig in Eile. Besonders beeindruckt bin ich von seiner Redegeschwindigkeit, denn so schnell wie er redet, brauche ich immer ein paar Sekunden, um zu realisieren, was er gerade zu mir gesagt hat… Father Michael, mein Mentor, kümmert sich toll um mich und ihm liegt wirklich alles daran, dass es mir hier gut geht. Als Nächstes in der Vorstellungsrunde haben wir Dr. Park und Sister Ruah: Dr. Parker ist der Schularzt und Sister Ruah die Krankenschwester. Es ist sehr beruhigend, zu wissen, dass man hier in jedem Fall medizinisch gut versorgt ist. Francesca, eine Lehrerin, die hier an der Schule Koreanisch unterrichtet, lebt ebenfalls mit uns auf dem Campus. Sie kennt sich toll aus mit tropischem Obst und anderen Leckereien und erklärt mir immer, wie die Sorten heißen und wie man sie isst, ohne sich das T-Shirt zu beckleckern. Zwei weitere „Mitbewohner“ sind Brother Michael und Brother Andrew. Ich kenne niemanden, der so viel Interesse an der deutschen Kultur hat wie die beiden. Täglich drehen sich die Gespräche um alles Mögliche, was etwas mit Deutschland zu tun hat. Andrew lernt in seiner Freizeit sogar Deutsch und immer wieder unterhalten wir uns dann zum Spaß in meiner Muttersprache. Ja, sein Deutsch ist um einiges besser als mein Khmer bisher… Zu guter Letzt fehlt noch Marge, eine Freiwillige aus den USA. Sie ist super humorvoll und wir haben sehr viel Spaß bei unseren gemeinsamen Aufgaben. Momentan unterstütze ich sie täglich beim Englischunterricht der Internats-Schüler:innen. Ebenfalls verbringe ich viel Zeit mit den Kindern und Jugendlichen im Projekt, lerne sie besser kennen und versuche sie bei verscheidenen Dingen, wie z.B. den Hausaufgaben, zu unterstützen. Es macht mir sehr viel Spaß mit den Kindern und Jugendlichen hier und ich bin super gespannt auf alles, was noch auf mich zukommt!

So, das war jetzt doch schon eine ganze Menge an Erlebnissen in dieser recht kurzen Zeit und ich habe hier schon etwas sehr Wichtiges gelernt: Es ist vollkommen in Ordnung, dass man manchmal nicht so viel Ahnung hat oder gewisse Pläne (die sich hier manchmal minütlich ändern können) nicht versteht. Wichtig ist nur, dass man offen ist für Neues und sich überraschen lässt von dem, was als Nächstes passiert.

Ich hoffe, ihr hattet Spaß beim Lesen und konntet ein bisschen eintauchen in mein Leben hier!

Bis bald, eure Ida!