Wenn die Lichterketten in den Palmen hängen…

Eine Weile ist es her seit meinem letzten Blogeintrag und es gibt, wie immer, Einiges zu erzählen vom anderen Ende der Welt: von einer Adventszeit im tropischen Südostasien, einem sehr lebhaften und ausgelassenen Weihnachtsfest und einem nicht weniger stimmungsreichen Silvester. Zudem hatte ich das große Glück, während der Weihnachtszeit Besuch aus Deutschland bekommen zu haben, wovon ich gerne berichten möchte. Aber nun, alles nacheinander…

Während die Adventszeit, so wie ich sie aus Deutschland kenne, geprägt ist von kalten Wintertagen, Weihnachtsmärkten und der allgemeinen „besinnlichen“ Weihnachtsstimmung, war diese Zeit hier in Kambodscha das komplette Gegenteil: 30 Grad im Schatten gaben mir eher das Gefühl, mitten im Sommer und nicht in der Adventszeit zu stecken. Statt Orangen, Punsch und Glühwein gab’s tropische Früchte und blühende Bäume, wohin man auch sieht. Auch die Weihnachtsdeko, mit welcher wir den gesamten Schulcampus liebevoll dekoriert haben, war um einiges farbenfroher gestaltet, als ich das kenne. Statt Tannenbäumen mit der traditionellen rot- oder goldfarbenen Dekoration wurden hier die farbenfrohesten Lichterketten in die Palmen gehängt und lebensgroße Weihnachtsmänner schmückten die Don-Bosco-Schule hier in Poipet. Es war sicher nicht die „klassische“ Weihnachtsdeko, wie ich sie aus Europa kenne, aber sie hatte auf jeden Fall ihren Charme – eine bunte und lebensfrohe Art, die festliche Zeit wertzuschätzen. Es hat unfassbar viel Spaß gemacht, den Campus mit den Schüler*innen des Internats zu dekorieren, und es war herrlich zu sehen, mit wie viel Liebe und Kreativität die Kinder und Jugendlichen alles gestaltet haben. Mit ganz viel Kreativität und bunter Fantasie waren auch die zu übenden Weihnachtstänze und das Krippenspiel gesegnet. In den Wochen vor Weihnachten wurde fleißig geübt für das große Weihnachtsfest. Das Einstudieren einiger Tänze habe ich zusammen mit Sochea, einer Lehrerin, übernommen und wir hatten immer einen Riesenspaß bei den Proben mit den Kindern und Jugendlichen. Das Endergebnis hat sich auf alle Fälle sehen lassen!

Eine Tradition, die ich mir trotz der wenig vorhandenen Weihnachtsstimmung aber nicht entgehen lassen wollte, war die der Weihnachtsbäckerei. Gemeinsam mit ein paar Schülerinnen haben wir, begleitet von deutschen, englischen und natürlich kambodschanischen Weihnachtshits, den kleinen Schulofen angeschmissen und Weihnachtskuchen für den ersten Weihnachtsfeiertag gebacken. Die Besorgung aller Zutaten war zwar eine kleine Herausforderung und es waren auch nicht alle Zutaten, die in Deutschland in jedem Supermarkt zu finden sind, verfügbar, aber das hatte keinerlei Auswirkungen auf unsere gute Stimmung und das Endergebnis der Kuchen. Vielmehr war es eine sehr lustige Erfahrung der Improvisation und Kreativität, die später unglaublich lecker geschmeckt hat!

Auch wenn die Adventszeit eine ganz andere war, als ich sie aus Deutschland kenne, war sie sicher nicht weniger schön. Vielmehr war es eine sehr lebensfrohe, festliche und besonders abwechslungsreiche Zeit, um sich auf Weihnachten vorzubereiten.

Dann war es endlich soweit und der 24.12. stand vor der Tür. Mit den mehr als 620 Schüler*innen feierten wir an diesem Tag ein großes Weihnachtsfest auf dem Campus. Einige Tage vor Weihnachten wurde eine große Bühne aufgebaut und die vorhandene Weihnachtsdeko nochmals erweitert mit leuchtenden Lichterketten, selbstgebastelten Papierschneeflocken und ganz viel Glitzer. Nachdem die letzten Tanzproben abgeschlossen waren und auch die Kostüme perfekt saßen, konnte es losgehen. Jede Klasse hat einen Programmpunkt für die Feier vorbereitet – von klassischen Khmer-Tänzen bis hin zu modernen Choreografien und musikalischen Darbietungen war alles dabei. Auch ich wurde fest eingebunden in einen der Programmpunkte. Gemeinsam mit ein paar Lehrerinnen haben wir einen traditionellen Khmer-Tanz aufgeführt. Schon die Proben hierfür waren sehr lustig und ich hatte sehr viel Spaß dabei, die traditionelle Art der kambodschanischen Tänze zu lernen und später aufzuführen. Nach dem gemeinsamen Mittagessen, natürlich bestehend aus kambodschanischen Köstlichkeiten, ging es weiter mit dem sportlichen Höhepunkt des Tages: einem Fußballspiel zwischen ehemaligen Schülern der Don-Bosco-Schule und aktuellen Schülern der Technical Highschool. Die Stimmung war sehr lebhaft und ausgelassen, es wurde fleißig angefeuert, viel gelacht und zu guter Musik getanzt. Nach einem eindeutigen Sieg für das Team der Schüler gab es zum Abschluss des Schultags noch eine Überraschung: Geschenke. Alle Schüler*innen und Lehrer*innen erhielten ein kleines, mit Liebe verpacktes, Geschenk und es war richtig schön zu sehen, wie sehr sich alle darüber gefreut haben. Mit guter Stimmung endete dann ein schöner und unvergesslicher Schultag.

Abends waren wir alle, zusammen mit den Internatsschüler*innen, in der Messe bei der nahegelegenen Kirchengemeinde. Auch hier entsprach die Art, Weihnachten zu feiern, nicht der, wie ich sie aus Deutschland kenne, aber genau aus diesem Grund bin ich ja auch hier, oder? Feste in einer anderen Kultur zu erleben, in diese komplett einzutauchen. Besonders schön fand ich die Begeisterung und den Wunsch aller Menschen, das Weihnachtsfest mit Freude und Gemeinschaft zu feiern. Nach einem wunderschönen Gottesdienst, gefüllt mit Tanz, Musik und Gesang, gab es vor der Kirche noch die Möglichkeit, die Weihnachtsfreude im gemeinsamen Beisammensein zu genießen. Wie sollte es auch sein, das typische „niam baai“ (Reis essen) in Form von Reisbrei mit Fleisch, Gemüse und exotischen Gewürzen durfte hierbei nicht fehlen…

Der erste Weihnachtsfeiertag war in der „Don Bosco Academic and Technical Highschool“ ein Ferientag, sodass wir diesen Tag nur mit den Schülern und Schüler*innen des Internats gefeiert haben. Der Tag begann mit einem ausgiebigen Brunch und anschließender Messe in der Kapelle der Schule. Im Anschluss daran haben wir alle zusammen Fußball gespielt, erst die Jungs, dann die Mädels. Es hat sehr viel Spaß gemacht und den anschließenden Kuchen – natürlich selbstgemacht – haben sich alle verdient. Nach dem Mittagessen war etwas Zeit, sich auszuruhen, Spiele zu spielen oder zu quatschen, und am frühen Nachmittag haben wir alle gemeinsam die letzten Vorbereitungen für das große Abendprogramm getroffen. Unser „bunter Abend“ war ein wunderbares Fest, gefüllt mit leckerem, traditionellen Essen, Tanz, Musik und Gesang. Es wurde ausgelassen gefeiert und auch hier durften die Geschenke natürlich nicht fehlen. Alle waren guter Stimmung und haben Weihnachten mit ganz viel Lebensfreude gefeiert. Es war unglaublich schön!

Dieses Weihnachten war ganz besonders. Es war kein „Weihnachten im Winterwunderland“ mit Schnee und Tannenzweigen, sondern vielmehr ein Fest, das mit Musik, Tanz und vielen bunten Farben das „Zusammensein“ der Menschen in den Vordergrund stellte – und genau das ist es, was Weihnachten für mich so besonders macht, ganz gleich, wo auf der Welt man sich befindet.

Ein ganz besonderes Ereignis, das ich bisher noch nicht erwähnt hatte, war der Besuch meiner Familie hier in Kambodscha. Es war unglaublich schön, meine Mama, meinen Papa und meine drei kleinen Geschwister nach so langer Zeit am 23.12. endlich wieder in die Arme schließen zu können. Zwei Wochen lang haben wir Zeit miteinander verbracht und ich konnte ihnen ganz viele Eindrücke von meinem Leben hier in Kambodscha zeigen.

Am Anfang ihrer Reise, haben Mama, Papa, Lore, Romy und Willy mich hier im Projekt in Poipet besucht. Genau rechtzeitig für das große Weihnachtsprogramm sind sie gekommen und so haben wir Weihnachten, das Fest der Liebe, gemeinsam feiern können. Es war besonders für mich, sie dabei zu haben und ihnen zu zeigen, was ich hier tagtäglich so mache. Oft hatte ich Ihnen von meinen Erlebnissen und meinem Alltag erzählt, aber es war etwas ganz anderes, sie wirklich dabei zu haben und alles aus erster Hand zeigen zu können: die täglichen Routinen und besonders die Menschen, die den größten Bestandteil meines Lebens hier ausmachen. Ich glaube, auch für sie war es schön zu sehen, dass es mir hier gut geht, ich glücklich bin und mich wohlfühle.

Weihnachten hier zusammen zu feiern war ein sehr besonderes Erlebnis und gefüllt mit vielen neuen Eindrücken und Erfahrungen. Es war super schön, Weihnachten mal auf eine ganz andere Art und Weise zu feiern, fernab von den Traditionen, die wir in Deutschland haben. Die Hauptsache war, dass wir zusammen waren und Zeit miteinander verbringen konnten.

Nachdem meine Familie mir am 26.12. bei einem ganz „normalen“ Schultag zusehen konnte, ging es für uns ab dem 27.12. auf eine kleine Reise durch mein Gastland. Gemeinsam starteten wir in Siem Reap – ein touristisches Must-Do, wenn es einen mal nach Kambodscha verschlägt. Siem Reap ist nicht nur die Heimat der weltberühmten Angkor-Tempel, sondern auch ein Ort, der eine ganz besondere Atmosphäre besitzt – eine Mischung aus Kultur, Natur und Geschichte. Von wunderbaren Besichtigungen der Tempelanlage, die selbst bei meinem dritten Besuch noch immer so viel Neues zu bieten hat, bis hin zu bunten Märkten und lebhaften Straßen in der Stadt war alles dabei. Den Sonnenuntergang bei Angkor Wat besichtigen, kambodschanische Köstlichkeiten genießen und abends über den Nachtmarkt schlendern… es war einfach wunderbar. Was mir während unserer Zeit in Siem Reap besonders aufgefallen ist: Spricht man die Landessprache, beginnen die Menschen zu strahlen und ganz viele neue Türen werden einem geöffnet. Da Siem Reap ein ziemlich touristischer Hotspot ist, kommt es für die vielen Kambodschaner*innen wohl recht selten vor, von Tourist*innen in ihrer Muttersprache angesprochen zu werden. Es war super schön zu sehen, wie groß die Freude war, wenn ich Khmer gesprochen habe, und es hat mir nochmal gezeigt, was für eine besondere Form des Respekts das ist.

Nach drei Tagen im belebten Siem Reap ging es für uns weiter ans andere Ende des Landes. Der Süden Kambodschas liegt an der Küste des thailändischen Golfs und ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Unser erster Stopp war in Sihanoukville, einer Stadt direkt an der Küste. Auch wenn wir hier nur einen Tag verbrachten, war es trotzdem unvergesslich – denn es war Silvester. Wir verbrachten den Tag am Strand, wo wir uns in der Sonne erholten und die Ruhe genossen. Der Strand von Sihanoukville bot dafür die ideale Kulisse: feiner Sand, sanfte Wellen und ein herrlicher Blick auf das Meer. Es war der perfekte Ort, um die Seele baumeln zu lassen. Abends waren wir alle gemeinsam lecker essen, bevor wir einige Zeit am Strand verbrachten und an der langen Uferpromenade entlang schlenderten. Die Atmosphäre war super feierlich und ausgelassen, überall waren Menschen versammelt und genossen die Zeit zusammen. Der Duft von kambodschanischen Spezialitäten lag in der Luft und es lief viel Musik. Am ganzen Strand wurde reichlich gefeiert und um Mitternacht wurden zahlreiche Feuerwerke in den Himmel geschossen, die das ganze Ufer in ein spektakuläres Lichtermeer tauchten. Noch nie zuvor hatte ich so viel Feuerwerk auf einmal gesehen, es war unglaublich.

Am nächsten Tag ging es dann schon weiter mit unserer Reise. Von Sihanoukville machten wir uns mit dem Boot auf zu der paradiesischen Insel Koh Rong Sanloem, mitten im thailändischen Golf. Schon von weitem war die Insel zu erkennen: grünes, üppiges Land, umgeben von türkisblauem Wasser. Es war wie ein Bild aus einem Reisekatalog, das da vor uns lag. Auf Koh Rong Sanloem angekommen, wurden wir mit einem Anblick verwöhnt, der kaum zu übertreffen war: weiße Sandstrände, Palmen und das ruhige Rauschen des türkisfarbenen Meeres. Der Massentourismus hat an diesem Ort der Erde noch keinen Einzug gehalten, sodass wir wunderbar entspannte Tage auf der tropischen Insel verbrachten. Wir lebten in Bungalows direkt am Wasser und verbrachten die Tage vor allem mit Schwimmen, Lesen und einfach nur im Sand sitzend, den Blick auf das Meer gerichtet. Es war ein Paradies, das man fast nicht in Worte fassen konnte. Jeden Abend wurden wir mit unglaublich schönen Sonnenuntergängen verwöhnt und auch kulinarisch ließen wir es uns gut gehen. In dem leckeren Strandrestaurant unserer Unterkunft gab es köstliche kambodschanische Spezialitäten und auch eine Beachbar durfte hier natürlich nicht fehlen. Die Tage waren perfekt, um in das neue Jahr zu starten, und ich habe die gemütlich-alternative Atmosphäre hier sehr genossen. Viel zu schnell ging die Zeit dort zu Ende und unser gemeinsamer Urlaub neigte sich langsam dem Ende zu.

Doch einen letzten Stopp hatten wir noch geplant: Phnom Penh, die belebte Hauptstadt meines Gastlandes. Hier haben wir tatsächlich an unserem ersten Abend Jenny, meine Mitfreiwillige, getroffen und gemeinsam Abendessen. Ein großer Vorteil, wenn man Besuch aus Deutschland bekommt, ist ganz klar der kostenlose Versandweg, weshalb wir mehr als froh waren, nach 5 Monaten Freiwilligendienst auch mal wieder deutsche Schokolade in den Händen gehalten zu haben. Denn so sehr wir beide auch in die Essenskultur unseres Gastlandes eingetaucht sind, freut man sich doch auch mal wieder auf einen typisch deutschen Snack am anderen Ende der Welt. Auch in Phnom Penh haben wir die letzten Tage mehr als genossen, haben touristische Highlights besichtigt und uns in das bewegte Treiben der bunten Hauptstadt ziehen lassen. Es war der perfekte Abschluss einer Reise, die uns nicht nur das Land, sondern auch seine Menschen nähergebracht hatte. Irgendwann war es dann Zeit, Abschied zu nehmen. Ich werde meine Familie erst in sieben Monaten wiedersehen und natürlich war der Abschied nicht ganz leicht. Gleichzeitig war da aber auch dieses Gefühl von Dankbarkeit. Dafür, dass meine Familie mich hier besuchen kam, wir eine wunderschöne Zeit zusammen verbrachten und so viele wertvolle Erinnerungen zusammen schafften.

Nun bin ich wieder zurück in Poipet und auch der Alltag ist zurück. Trotzdem bin ich voller neuer Energie und tatkräftiger Freude, zurück im Projekt zu sein. Bei meiner Rückkehr begrüßten mich die Schüler*innen mit strahlenden Gesichtern und herzlichen Umarmungen und es war schön zu sehen, dass sie sich über meine Rückkehr genauso freuten wie ich.

Mit einem breiten Lächeln auf den Lippen verabschiede ich mich nun von euch und freue mich schon darauf, bald wieder Neues aus meinem Leben hier zu berichten. Die kommenden Wochen halten sicherlich viele spannende Erlebnisse bereit, und ich kann es kaum erwarten, diese mit euch zu teilen!

Bis ganz bald, eure Ida!