Traumstrände, Vulkane und Regenwald

Vor drei Monaten habe ich meinen letzten Blogbeitrag veröffentlicht und so gibt es jetzt viele Ereignisse, von denen ich noch nachträglich berichten möchte.

Dafür muss ich bis zum letzten Februarwochenende zurück gehen, das gleichzeitig, wie auch in Deutschland, das verlängerte „carnaval“-Wochenende war. Ich habe die freien Tage genutzt, um gemeinsam mit meiner Gasttante und meinem Gastonkel nach Saraguro zu fahren, einem kleinen Ort ganz im Süden Ecuadors. Saraguro ist sowohl der Name eines Dorfs, gleichzeitig aber auch Name der dort hauptsächlich lebenden Indigenen, eben die „Saraguro“. Victor selbst ist Saraguro und so war unser Wochenendtrip vor allem ein sehr großer Familienbesuch. Ich habe die paar Tage mit den beiden sehr genossen, weil ich sehr viel in das Leben der Saraguro mitgenommen wurde und überall so herzlich empfangen wurde. Das kleine Dorf in den Anden ist eine ganz andere Welt als Quito: auf mich wirkte alles entschleunigt, einfacher, herzlicher und persönlicher. Besonders hat mich die Genügsamkeit, Naturverbundenheit und Gastfreundschaft der Menschen dort inspiriert.

Ausblick in Saraguro

Das habe ich auch einige Wochen später wieder in Quito bei einer Saraguro-Taufe feststellen können, bei der es sich aber nicht um eine kirchliche Taufe, sondern um eine Art rituelle Willkommensfeier in die Gemeinschaft der Saraguro handelt. Während der etwa zweistündigen Zeremonie wurden verschiedene auf die vier Elemente bezogene Rituale durchgeführt, wie zum Beispiel das Baden des Taufkinds in Wasser der drei Regionen Ecuadors, also aus dem Regenwald (oriente), aus einem Vulkan (stellvertretend für die Andenregion, die sierra) und aus dem Pazifik (costa).

Ich war sehr dankbar, an einem so besonderen Ereignis teilhaben zu können und so willkommen zu sein und die Gemeinschaft aller Eingeladenen während der Taufzeremonie spüren zu können.

Am gleichen Tag bin ich abends gemeinsam mit meinem Gastvater, meiner Gastmutter und meiner fünfjährigen Gastschwester Eileen zu einem Camilo-Konzert hier in Quito gefahren. Seit meiner Ankunft in Ecuador höre ich mit Eileen fast ausschließlich abwechselnd Musik von Shakira und Camilo, da die beiden ihre Lieblingssänger*innen sind und somit haben wir uns beide sehr gefreut, als wir erfahren haben, dass Camilo auch nach Quito kommen wird. Da das für Eileen das erste wirklich große Konzert war und der Sänger in meiner Gastfamilie inzwischen schon eine gewisse Bedeutung hatte, war der Abend für uns vier sehr aufregend und hat uns noch mehr zusammengeschweißt.

Camilo-Konzert

Ende März war die Aufregung schon wieder groß, da mich meine Schwester, mein Vater und meine Tante aus Deutschland besuchen kamen. Schon einige Tage vor der Ankunft meiner Familie haben meine Gastfamilie und ich viel darüber gesprochen, was wir alles unternehmen werden, wo ich mit den anderen unbedingt hinreisen muss und wann wir mal alle gemeinsam essen möchten. Als dann endlich der lang ersehnte Tag kam, sind mein Gastvater und ich zum Flughafen gefahren, wo ich den anderen überglücklich in die Arme gefallen bin. Es war ein total schönes und aufregendes Gefühl, als meine Familie mein neues Leben und meine neue Welt kennengelernt hat. Ich habe richtig gemerkt, wie vertraut mir inzwischen die Stadt und die Menschen hier sind und wie wohl ich mich fühle. Gerade bei gemeinsamen Treffen mit meiner Gastfamilie habe ich gespürt, wie sehr ich hier meinen Platz gefunden habe und einfach dazugehöre.

Abgesehen von Quito konnten wir in den drei Wochen auch noch viele andere schöne Orte von Ecuador kennenlernen. So haben wir zum Beispiel eine mehrtägige Wanderung in den Anden zu einem Kratersee gemacht, sind ein Stück auf den Cotopaxi gewandert, einem aktiven Vulkan etwa 90 km von Quito entfernt, waren ein paar Tage am Strand der Pazifikküste und haben mit meinem Gastonkel, der Taxifahrer ist, Tagesausflüge in das Umland Quitos gemacht.

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Eines der Highlights war der 18. Geburtstag meiner Schwester Rebeca, den wir erst bei einem gemeinsamen Geburtstagsfrühstück mit meiner Gastfamilie und später am Abend mit meinen Freund*innen aus Quito verbracht haben.

Besonders schön für mich war, dass Rebeca noch ein paar Tage länger als mein Vater und meine Tante geblieben ist und dann bei mir bei meiner Gastfamilie schlafen konnte und auch mit zu meiner Arbeit gekommen ist. So hat sie richtig meinen Alltag miterleben können und hatte nochmal einen ganz besonderen Einblick in mein Leben hier. Ich habe mich sehr gefreut, sie noch ein paar Tage hier an meiner Seite zu haben, bevor auch sie wieder nach Deutschland geflogen ist.

Die Zeit nach dem Besuch meiner Familie war geprägt von vielen Wochenendausflügen und Sonne, denn endlich hat die Regenzeit in Quito aufgehört und die Tage sind wieder wärmer.

So bin ich Anfang Mai zum Beispiel mit anderen befreundeten Freiwilligen über ein verlängertes Wochenende nach Cuyabeno, einem Regenwaldreservat im Nordosten Ecuadors gefahren, wo wir drei Tage lang tief im ecuadorianischen Amazonasgebiet verschiedene Touren durch den Regenwald und über die dortigen Flüsse gemacht haben. Es war total beeindruckend, die Natur dort mit ihrer großen Vielfalt an Flora und Fauna so nah zu erleben.

Faultier in Cuyabeno

 

Auch mit meinen “quiteño“ (Leute aus Quito) Freund*innen und meiner Gastfamilie habe ich in den letzten Wochen viel Zeit verbracht, gerade weil wir alle merken, wie meine Zeit sich langsam dem Ende entgegen neigt. Immer öfter sprechen mich die Menschen darauf an, wie viel Zeit mir hier noch bleiben würde, dass ich noch nicht gehen soll und die Jugendlichen in meinem Projekt schmieden regelmäßig Pläne, wie sie sich in meinen Koffer schmuggeln und so mit mir mitkommen wollen. Ich werde die herzliche und ehrliche Art der “jóvenes“ und noch vieles mehr aus meinem Freiwilligendienst zwar sehr vermissen, aber umso mehr heißt es jetzt für mich, die letzte Zeit zu genießen.