Spontanität und die Feier des Bruders des Ehemannes der Freundin meiner Freunde

Alles neu macht der Mai oder hier halt der Oktober aber Jahreszeiten sind hier ja eh so etwas anders also passt das schon.

Das war ungefähr das Motto für die Renovierungen in Tikondane, bei denen das gesamte Dach von zwei Häusern erst abgerissen und dann neu gebaut wurde. Da das Dach aus Wellblech besteht hat der Prozess vom de-/ und remontieren, im Gegensatz zum Dachstuhl, nicht so lange gedauert und das ganze war nach ein paar Wochen fertig. Jetzt wird vor allem noch aufgeräumt und die Decke repariert. Dennoch war es komisch das Haus einfach ohne Dach zu sehen und die Jungs mussten für einige Zeit in einen anderen Schlafraum umziehen. Der Konferenzsaal und die Bibliothek waren genauso betroffen wodurch teilweise der Raum für Besprechungen etwas eng wurde aber man bleibt flexibel.

Das hat der erste Regen etwas anders gesehen, über den ich mich zwar gefreut habe, der aber wirklich zu einer ungünstigen Zeit kam, während das Dach gerade offen war. Dadurch stand das Wasser in allen Räumen für ein paar Tage knöchelhoch und wir haben die alten Computer doch lieber schnell in Sicherheit gebracht. Wellblech ist hier nach wie vor ein stark genutztes Material, wodurch auch die gebrauchten Bleche zunächst an das Kollegium und später an andere Interessierte verkauft wurden. Doch nicht nur das Wellblech sondern auch die alter und neuen Balken des Dachstuhls wurden auf dem Hof gelagert, wodurch die Kinder bis jetzt noch auf ihr Fußballfeld verzichten müssen, das hält sie aber auf jeden Fall nicht vom spielen ab, daran leidet nur teils der Gemüsegarten.

Renovierungen in Tikondane

Doch noch einige andere Dinge sind neu: das Freezie Business zum Beispiel. Seid dem Jubiläum im September verkaufen wir in Tikondane Freezies, das ist im Prinzip einfach Saft, der in kleinen Plastiktüten gefüllt, zu geknotet und dann gefroren wird also wie Wassereis. Wir haben zwei Sorten, Ingwer und Hibiskus und bevor sich jemand denkt Ingwersaft als Wassereis?????, ich kann versichern es schmeckt sehr gut, was unter Umständen an der Menge an Zucker liegt, die in diese Säfte gegeben werden. Am besten ist meiner Meinung nach aber die Kombi aus beiden Säften.

Diese sind tatsächlich nicht gekauft, sondern werden von Sr. Gerorgette selbst gemacht, also weiß ich mittlerweile auch etwas wie es geht, obwohl ich es noch nicht alleine versucht habe. Diese Freezies werden dann entweder bei uns zuhause oder im Projekt mit den Kindern geknotet und dann für 100K das Stück verkauft. Einige Menschen kaufen unsere Freezies und Säfte am Tor aber die größte Kundschaft bleiben eindeutig die Mitarbeiter.

Ich bin mittlerweile mehr oder weniger ganz für dieses Business verantwortlich, wodurch ich jeden Tag morgens und abends den Bestand im Gefrierfach kontrolliere und gegeben falls auffülle und das dann immer schön für jede Tag dokumentiere. Auch bin ich die Person bei der alle bezahlen, wodurch ich auch immer zum Tor renne wenn jemand etwas kaufen will, was ich auf Chichewa auch schon sehr gut meistere. Da ich praktisch die wandelnde Kasse bin, musste ich meinen kleinen Häkel-beutel schon um ein Geldfach erweitern und fühle mich teils etwas seltsam wenn dieser vor Scheinen überquillt.

Freezie Produktion im Konvent mit Sr. Georgette

Ich habe ja schon in meinem letzten Blog geschrieben, dass es in Tikondane sehr viele Besprechungen gibt, ich bleibe dabei denn ich habe noch mehr kennengelernt: Jeder Tag beginnt ja schon mit der Morgenbesprechung, die Montags meist noch etwas länger dauert. Da werden neben dem Bericht vom Wochenende auch die so genannten „Hanging-Reports“, Fälle von Kindern, die z.B. in der letzten Woche eskortiert oder besucht wurden und deren Fall nun erst mal ruht, angebracht.

Dann geht es am Montag direkt weiter mit einem Meeting vom In-client team bei dem wir die Aktivitäten für die Woche planen und wenn nötig besprechen wie wir mit gewissen Kindern umgehen. Jeden zweiten Dienstag im Monat gibt es nach der Morgenbesprechung noch „case work“, bei der wir im ganzen Team die Fälle bestimmter Kinder besprechen, bei denen wir besondere Schwierigkeiten haben. So kann jeder eine Agenda aufsetzen und sich Rat bei den Kollegen holen. Doch es wird auch der Umgang mit größeren Problemen besprochen, z.B. wie man dem Problem von Teen-Müttern und sehr kleinen Kindern auf der Straße am besten entgegensteuert. Über das monatliche Shelter Meeting habe ich ja schon das letzte Mal geschrieben.

Wir haben aber auch Besprechungen mit den Kindern, da gibt es einmal die regelmäßigen, bei denen über Gesundheit, Risiken im Shelter und das Verhalten der Kinder gesprochen wird. Auch haben wir die unregelmäßigen, die ähnlich wie eine Intervention bei Bedarf angesetzt werden, z.B. bei starkem Fehlverhalten.

Aber es wird nicht nur Besprochen sondern auch stark evaluiert, ich bin nämlich nicht die einzige die alle 3 Monate einen Bericht schreiben muss. Jedes Team evaluiert ebenfalls jedes viertel Jahr diese Zeit und ihre Arbeit. Außerdem wird jedes Jahr die Arbeit jedes einzelnen Mitarbeiters erst von der Person selbst und dann vom Management evaluiert. Ihr merkt schon, hier wird sehr viel besprochen und reflektiert was ich für eine Organisation ziemlich bewundernswert finde, dennoch ist es sehr viel Arbeit.

 

Doch so durchgeplant und strukturiert die Arbeit teilweise ist, so absolut spontan sind die Wochenenden. So bin ich an einem Sonntag auf der Verlobungsfeier des Bruders des Ehemannes einer Freundin der anderen Freiwilligen gelandet. Diese Freundin hatten die anderen selbst erst in einem Taxi kennengelernt. So wie das Leben halt manchmal so läuft, du willst nach einer Übernachtung eigentlich wieder nach Hause aber eine völlig Fremde lädt dich zu einer Verlobungsfeier ein.

Diese völlig offene und entspannte Art Feste zu feier kommt einem schon etwas seltsam vor, wenn man die deutsche ein halbes Jahr im voraus denkende Planung gewöhnt ist. Und genauso ist es mit dem Zeitmanagement etwas anders, wir sollten morgens abgeholt werden, es war dann doch eher so 14 Uhr und wenn man denkt wir wären dann direkt zur Veranstaltung gefahren, da die schon angefangen hat, liegt man falsch.

Wir sind zuerst noch zu ihrer Schwester gefahren und haben dort ganz entspannt gekocht, gegessen und sie haben sich fertig gemacht. Obwohl man sich teils etwas fehl am Platz fühlt und sich fragt was man hier gerade in dem Haus dieser völlig fremden Person macht, kann ich die Gastfreundschaft nur bewundern. Mit der fremde Freunde der Schwester oder in meinem Fall sogar eine Freundin der Freunde der Schwester ins eigene Haus willkommen geheißen werden und man dann auch noch für diese kocht. Das ist für mich nicht selbstverständlich.

Als wir auf der Feier angekommen sind habe ich den Dress Code besser verstanden, im Vorhinein wurden zwei Stoffe ausgewählt, einer für die Familie des Bräutigams einer für die Familie der Braut. Die entsprechenden Personen haben sich dann ein Kleidungsstück aus diesem Stoff schneidern lassen und tragen dieses dann zu der Feierlichkeit. Wie üblich diese Tradition ist kann ich nicht sagen oder ob diese auch in eine weniger wohlhabenden Kreis zu finden ist. Ich weiß aber, dass ich sowohl die Kleider als auch die Tradition ziemlich schön finde.

Olivia (mit beschrieben Kleid), Mina, Isa, Ich und Olivias Schwester Wenny auf der Engagement Party

Für den Rest der Geste schien der Dress Code dagegen sehr frei zu sein, was uns, mit unserem limitierten Kleiderschrank und mir mit meiner sehr limitierten Übernachtungstasche, in die Karten gespielt hat.

Die Feier bestand kurz gesagt aus 4 Aktivitäten:

1. Unterhaltungen der Gäste untereinander.

Tisch an dem man sein Geld in kleiner Scheine Tauschen kann um diese dann zu werfen

2. Essen, was am Ende in kleinen Boxen verteilt wurde, bestehend aus einem Stück Hühnchen, einem Muffin, Samusa, Bonbon und Getränk.

3. Versteigerung von Geschenken, wobei das erworbene Geld zur Finanzierung der Hochzeit genutzt wird und

4. ein nach vorne Tanzen der Gäste bei dem man dann kleine Geldscheine in einen Korb wirft. Das wird immer wiederholt und das Geld ist ebenfalls für die Hochzeit.

Ich weiß nicht wie ich es besser beschreiben soll, da es sehr von unseren Hochzeitstraditionen abweicht, obwohl ich muss zugeben, auf der letzten Hochzeit auf der ich war konnte ich vermutlich noch nicht einmal sprechen. Dennoch obwohl ich es mir spannender vorgestellt hatte war die ganze Veranstaltung faszinierend.

Bevor wir gegangen sind haben der Onkel der Braut und der des Bräutigams noch symbolisch eine Henne und einen Hahn ausgetauscht, welche später von beiden Familien gemeinsam gegessen werden.

Doch das war nicht die einzige solche Veranstaltung, nur eine Woche später war ich auf einer weiteren Hochzeit. Die Planung für diese war etwas weniger spontan, meine Kollegin Patience hatte mich einige Wochen zuvor gefragt ob ich ihr plus one für die Hochzeit ihrer Schulfreundin sein möchte, natürlich war ich bei dieser Frage völlig aus dem Häuschen und habe zugesagt. Mir wurde auch der Dress Code gesagt, man solle die Farben champangegold, dusty rose oder weiß tragen. Da mein Kleiderschrank leider ganz zufälligerweise keine dieser drei Farben vorweisen konnte, zwei davon musste ich erst googeln, bin ich zu dem hier üblichen Laden gegangen. Eine second hand Kette namens DAPP (Developementary aid from people to people), dort habe ich dann einige weiße Sachen gefunden, die mir passen und so habe ich weiß zu einer Hochzeit getragen, was ein Skandal.

Patience und ich auf der Hochzeit

Die Hochzeit lief tatsächlich absolut genauso ab wie die Engagement Party eine Woche zuvor, abgesehen davon, dass es hier ein Buffet gab. Dort angekommen habe ich gemerkt, dass ich mich mit dem Dress Code nicht so hätte stressen müssen, da obwohl alle wunderschön aussahen, kaum jemand die vorgeschriebenen Farben trug. Dennoch konnten wir den ganzen Abend wundervolle sehr glitzernde Kleider bewundern und ich hatte eine sehr schönen Zeit.

 

Am letzten Samstag im Monat findet in Lilongwe der Farmers market statt, bei dem Künstler ihr Werke, wie Holzschnitzereien, Schmuck, Bilder, Kleider und Nutzartikel wie Kerzen und Körbe und vieles mehr ausstellen und verkaufen. Ich liebe Märkte und auch bei diesem hatte ich unglaublich viel Freude beim stöbern, besonders da viele der Kunststücke mich vor allem an meinen Vater erinnert haben. Die Verkäufer sind immer sehr schnell zur Stelle um dir ihre Kunst zu zeigen und zum absoluten Freundschaftspreis anzubieten, der natürlich nur für dich so niedrig ist, weil die so nett bist. Allgemein ist man sehr schnell mit allen Leuten befreundet und muss allen das Versprechen geben später nochmal wieder zu kommen wenn man am Anfang nichts gekauft hat.

Bilder auf dem Farmers Market

Und wenn man etwas kauft darf man auf keine Fall vergessen zu Handeln, da man den Preis für eine Giraffen Figur aus Stein da locker mal von 40000K auf 12000K herunterbringen kann. Ich bin nach wie vor noch nicht sonderlich gut im Handel und hole mir da gerne mal Unterstützung von Isa, die da deutlich besser ist.

Wir vier hatten wirklich viel Spaß und haben auch einige Schätzte mit nach Hause nehmen können.

Ich, Mina, Isa und Alissa auf dem Markt

Doch da sollte der Tag noch nicht enden, denn es ging weiter zu einem Reggae Festival, zu dem uns ein paar Freunde der anderen drei eingeladen haben. Ich war vor noch nie auf einem solchen Festival, noch habe ich vorher jemals wirklich Reggae Musik gehört aber einmal ist immer das erste mal. Da das ganze am Abend stattgefunden hat war es schon dunkel als wir angekommen sind, doch wir waren immer noch sehr früh und die Wiese noch sehr leer.

Also haben wir uns in unserer Gruppe noch für ein paar Stunden unterhalten bis es sich gefüllt hatte und wir nach vorne zur Musik gegangen sind. Der Ablauf war nicht so ganz klar und so wusste keiner wann die zwei Künstler aus Jamaika, auf die alle wirklich gewartet haben, auftreten würden. Uns wurde es langsam zu spät, besonders da wir noch zu einer humanen Uhrzeit wieder zurück sein wollten und noch den Weg mit einberechnen mussten, also sind wir vor dem Auftritt dieser Hauptartaktionen gegangen. Ich hatte dennoch einen gute Zeit und auch die Rückfahrt war mit unser eigenen Musik sehr unterhaltsam.

James, Memory, Isa, Mina, ICh, Gift, Alissa und Sunshine beim Reggae-Festival

Auch unter der Woche habe ich nette Abende, da ich ein altes Hobby von mir wieder aufgenommen habe. Nachdem eine Kollegin mir von einem Wollladen in unserer nähe erzählt hat, bin ich da natürlich direkt vorbeigegangen und habe mich eingedeckt. Jetzt häkel ich am Abend wieder und habe sehr viel Spaß dabei sowie einige Projekte in der Warteschleife. Da ich auch teilweise in meinen Pausen auf der Arbeit gehäkelt habe wurde ich von Patience schon wiederholt als Großmutter bezeichnet, womit ich absolut kein Problem habe. Dennoch hat sie mich schon darum gebeten ihr ein Top zu häkeln, was ich ihr doch gerne zu ihrem Geburtstag mache.

Ich habe auch ein paar der Kinder häkeln beigebracht, mehr oder weniger erfolgreich aber besonders einer der Jungs war mit feuer Eifer dabei Luftmaschen zu häkeln.

Wenn mir dieser Monat eines gezeigt hat ist es, dass man manchmal einfach spontan sein muss und ja sagen, dann werden die Tage spannend und gefüllt mit Erinnerungen.

Wie immer vielen Dank fürs Lesen und bis zum nächsten Mal.