Weihnachten – Stille Nacht, Heilige Nacht?

Bevor ich nach Kambodscha geflogen bin, habe ich mir Sorgen gemacht, dass ich während meines Freiwilligendienstes gar keine Weihnachtsstimmung verspüren würde. Ich meine, wer denkt bei 20 Grad und Strand schon an Weihnachten? Ich zumindest nicht! Zudem ist die Staatsreligion in Kambodscha der Buddhismus also feiern die meisten Menschen gar kein Weihnachten, so meine Gedanken . Im nach hinein war meine Sorge absolut unbegründet. Klar, mein Weihnachten war dieses Jahr ganze anders als all die Jahre davor, aber dennoch ist bei mir Weihnachtsstimmung aufgekommen. Einer der Gründe dafür war definitiv der Weihnachtsschmuck, ich liebe es für Weihnachten zu dekorieren und habe mich wie eine Schneekönigin gefreut als die Technical Students am ersten Dezember anfingen Lichterketten in die Bäume und an die Decke des Sportplatzes zu hängen.  Passend dazu haben Brother Valentin, Brother Martin (die zwei französischen Freiwilligen) und ich mit den Brother Sun Children, Schneeflocken und Sterne aus Papier gebastelt, um damit die Bibliothek sowie das Brother Sun Office zu schmücken.


Die Bastelaktion war ein Teil unsere Samstagsaktivitäten, ein kleines Projekt,   das von Sister Milli ins Leben gerufen wurde. Da wir ja drei Freiwillige sind, sollen wir für jeden Samstag zwischen 14 und 16 Uhr eine Aktivität mit allen  Brother Sun Children planen. Dabei ist wichtig das wir zwischen kreativen Veranstaltungen und Sport wechseln und die Kinder in Gruppen arbeiten. An einem anderen Samstag haben wir Beispielsweise ein Fußballmatch veranstaltet und letzte Woche haben wir englische Weihnachtslieder gesungen.  Auf der einen Seite macht es mir sehr viel Spaß, die Kinder während dieser Zeit zu sehen, da ich sie so auch nochmal ganz anders kennenlerne.  Dennoch fällt es mir schwer ihnen  zu erklären das die Veranstaltungen Pflicht sind und es daher dementsprechend ernst genommen werden müssen. Im Moment gibt es immer noch Schüler*innen die nicht oder viel zu spät auftauchen und je nach Aktivität auch eher so Semi motiviert sind. Irgendwo ist das auch normal, das versichern uns zumindest die Sisters und Lehrer*innen. Sie sind der Überzeugung, dass die Schüler*innen nur etwas Routine brauchen. Dennoch macht es das Planen der Aktivitäten oft komplizierter und den Start ein wenig holprig. Mich persönlich hat das vor ganz eigenen Aufgaben gestellt, da ich neben der eigentlichen Aktivität eben auch versuche die Kinder zu motivieren. Mit der Zeit gelingt mir das immer besser, aber natürlich haben alle Schüler*innen Präferenzen was sie gerne machen und was auch eben nicht.

 

Fußballspiel

Neben den Samstagsaktivitäten gibt es auch ein bis zwei Mal im Monat ein Outing mit den Brother Sun  Children, wo wir zusammen mit Father Albeiro oder einer/einem Lehrer*in einen Ausflug in dieNatur machen. Ganz beliebt dafür ist natürlich der Strand, wobei wir diesen Monat nach Kampong Trach gefahren sind, um dort Höhlen zu besuchen, in welchen wir auch schwimmen konnten. Dies geht allerdings nur während der Regenzeit, die sich nun langsam dem Ende zuneigt.  Für mich persönlich war das bis jetzt einer meiner absoluten Highlights, da ich mir in der Höhle mit dem glasklaren Wasser wie in einem Fantasy Roman vorgekommen bin. Die Schüler:innen waren ebenfalls hin und weg und haben neben Wasserschlachten auch ein paar Fotosasions gemacht.

Höhle mit Wasser
Ausflug nach Kampong Trasch

Während die Wochenenden also von Naturerkundungen, Sport und Unmengen an Kreativität nur so strotzen, waren die Wochentage von Alltagsstrucktur und kleinen Projekten geprägt.  Beispielsweise hat Sister Milli eine Freundin, die als Grundschullehrerin in Oregon (USA) arbeitet. Mit dieser organisiert sie jedes Jahr einen Briefaustausch zwischen den Schülern, um deren Englisch zu verbessern. Ich durfte dabei mitwirken indem ich die handgeschriebenen Briefe in den Computer tippe (Khmer hat ein eigenes Alphabet, daher tun sich die Kinder mit dem selbst Tippen oft schwer)und beim übersetzten von Khmer ins Englische half. Darüberhinaus fanden die ganze Zeit Vorbereitungen für Weihnachten statt, weshalb ich gut beschäftigt war.

Denn Heiligabend wird hier wie ein großes Schulfest gefeiert das bis spät in die Nacht geht. Alle vier Departments der Technical School sowie der Childrendsfund bereiten einen Stand mit Essen, Losen oder einem Gewinnspiel vor und studieren kleinere Bühnenprograme ein. Die älteren Childrendsfund Kinder haben jeden Abend nach dem Abendessen, ein Theaterstück über die Geburt von Jesus geprobt, während die jüngeren Kinder mit mir und Brother Valentin einen Weihnachtstanz geübt haben. Die sechs Schüler:innen haben sich für einen Remix von Last Chrismas entschieden (ich glaube ich werde dieses Lied nie wieder aus meinem Kopf bekommen) und sich die Choreografie selbst ausgedacht. Geprobt wurde den ganzen Dezember von Montags bis Donnerstags, immer eine halbe Stunde nach dem Abendessen.  Die Uhrzeit war für uns alle die größte Herausforderung, da um 8 Uhr abends der Tag für alle schon sehr lang gewesen ist. Die Kinder hätten lieber bei den Theaterproben zugesehen, als selbst geübt und auch ich war hin und wieder sehr müde, den die Tage in Kambodscha starten sehr früh (und ich meine sehr früh, wie um 5:30 Uhr morgens), jedoch gab es keinen anderen Zeitpunkt wo alle Zeit gehabt hätten. Nach den ersten vier sehr chaotischen Proben wurde es mit jedem Mal besser. Wir konnten anfangen an der Synchronität zu arbeiten und haben am Ende eine Minute Freestyle eingebaut, die jedes Mal für herzhafte Lacher und einmalige Tanzmoves gesorgt haben. Rückblickend würde ich sagen das der letzte Monat im Childrendsfund mich gelehrt hat, dass manche Aufgaben und Ziele die am Anfang viel Schweiß und Nerven kosten, sich mit etwas Zeit und Geduld doch zu sehr witzigen und bereichernden Momenten entwickeln, die ich nicht missen wollen würde.

Solche Momente hatte ich definitiv auch mit den Schüler*innen in der Technical School, wo ich im Social Comunication Department beim Englischunterricht helfe. Immer mehr Schüler*innen tauen mir gegenüber auf und trauen sich am Unterricht teilzunehmen und sich auch einfach mal so mit mir in einem Khmer, Englisch Mix zu unterhalten. Ich find es sehr spannend alle besser kennen zulernen und von ihren Hobbys, Berufswünschen und Familien zu erfahren. In diesem Sinne habe ich auch geholfen den Losestand vorzubereiten, den das Department für Heiligabend geplant hat. Die kleinen Zettel mit Gewinnen und Nieten wurden dafür in klein geschnittene Strohhalme gesteckt. Anschließend wurden die Enden der Plastikstrohhalme über kleine Kerzen gehalten und sobald sie weich waren mit den Fingern zugedrückt. Währendessen haben wir munter gequatscht, Kekse gegessen und Musik gehört. Der Tag ist definitiv in meinen Marmeladenglass Momente-Sammlung eingegangen, auch wenn ich mir das ein oder andere Mal die Fingerspitzen verbrannt habe (was die Schüler*innen natürlich super amüsant fanden). Diese haben anschließend einen großen Ast, der fast schon als kleiner Baum durchgeht, ins Lehrerzimmer gestellt und die ganzen Strohalm-Lose dort befestigt.

Besagter Ast/Baum

Der Dezember ist wirklich nur so dahingeflogen, denn plötzlich war schon Heiligabend und ich stand mit ein paar Schüler*innen und Childrendsfund Lehrer*innen in der Küche und habe die belegten Brötchen vorbereitet. Die Brötchen hier würden in Deutschland eher als Baguette durchgehen und wir haben auch keinen Käse oder Salami zum belegen benutzt, sondern den Sauerkraut ähnlichen Belag selber aus unterschiedlichen Gemüse und Kräutern zusamen geschnibelt und mit einer süßen/scharfen Soße verrührt. Alle Essens- und Losestände wurden zusammen mit ein paar Tischen und vielen Stühlen auf den Sportplatz gestellt, genau wie die Gewinne der Lotterie, die zwischen den Bühnenprogrammen stattfinden würde. Der Abend ging mit einer Messe um 18 Uhr los, an welche das Theaterstück der Kinder anschloss. Die Kinder trugen traditionelle, farbenfrohe Kostüme, in welchen sie vor Aufregung auf und ab wippten und nervös herumwuselten. Neben den Schüler*innen wahren auch viele Nachbarn, Familienmitglieder, Freunde und ehemalige Schüler*innen aufgetaucht. Ich selbst war auch ganz schön nervös, besonders da ich ja wusste wieviel Arbeit alle in das Theaterstück gesteckt hatten. Die Schüler*innen haben es jedoch richtig gerockt, genauso wie den anschließend einstudierten Weihnachtstanz (inklusive einer ganz wilden Minute Freestyle am Ende) sodass alle hellauf begeistert waren. Der Abend ging weiter mit der Lotterie und den Auftritten der Departments, welche aus traditionellen Tänzen, Theaterstücken, Gesang und modernen Tänzen bestand. Die Stimmung war durchgehend laut und ausgelassen, eine Weihnachtsstimmung die ich für nächstes Jahr gerne mitnehmen möchte. Die Talente,  das Selbstbewusstsein und die Selbstorganisation der Schüler*innen hier versetzt mich immer wieder ins Staunen. Sie lehren mich so viel von der Khmer Kultur und das meistens ohne es überhaupt zu versuchen.

Vorbereitungen für das Theaterstück

Ein weiteres Highlight meines Heiligen Abends, war das Abendessen, da ich ganz spontan von einer Lehrerin eingeladen wurde mit ihr und ihrer Familie zu essen. Sie besitzt ein kleines Café auf dem Schulgelände, wo sie die Schüler*innen und Lehrer*innen mit selbstgebackenen Köstlichkeiten versorgt und Getränke anbietet. Dort durfte ich dann mitessen, es gab eine Traditionelle Khmer Suppe, mit viel Gemüße, Reisnudeln und Hähnchenfleisch. Das schöne ist das die Zutaten alle einzeln auf Tellern bzw. Schüsseln bereit stehen. Das bedeutet, jeder kann seine Suppe nach Präferenz mit dem passenden Essen bestücken.  Der Abend endete gegen 1 Uhr morgens mit dem Ende der Lotterie. Alle waren etwas aufgedreht und müde, so das die darauf folgenden Tage aus eher ruhigem etwas verschlafenem Alltag bestanden.

Jetzt geht es hier weiter mit den Vorbereitungen fürs neue Jahr, sowie das Don Bosco Fest. Letzteres ist ein Sportfest indem die Schüler*innen und Lehrer*innen gegeneinander antreten. Dazu gibt es vier Teams, gekennzeichnet durch vier Farben. Alle müssen blind eine Farbe ziehen und dann entscheiden in welchem Sport sie gegen ein anderes Team antreten. Ich bin zum Beispiel in Team Pink und werde im Volleyballteam mitspielen. Wie ihr seht wird es hier also auf gar keinen Fall langweilig. Ich hoffe ihr hattet alle schöne Weihnachten  und einen guten Rutsch ins Neue Jahr. Ich melde mich bald wieder mit News aus Don Bosco Kep.