Was zwischen Tür und Angel untergeht

 

Was ich noch mit euch teilen wollte. Das ist das Thema dieses Blogbeitrags, den dieses Mal möchte ich ganz gezielt von den Dingen erzählen, die sonst immer untergehen. Von Charaktereigenschaften meiner Einsatzstelle, die zwar Omnipräsent sind und ohne die ich mir die Don Bosco Schule nicht vorstellen kann, aber die dennoch in meinen anderen Blogbeiträgen oft keinen oder nicht ausreichend Platz gefunden haben. Hier also drei Dinge, die mich jeden Tag in meiner Einsatzstelle begleiten:

 

Musik

Ich kenne kaum einen Ort, wo jeden Tag soviel und so unterschiedliche Musik gespielt wird. Schon am frühen Morgen läuft ab 7:15 Uhr für 15 Minuten Musik, um die Schüler*innen und Lehrer*innen zum Morgen Assembly zu rufen. Es werden oft Don Bosco Songs gespielt, dass sind Lieder die über viele Jahre hinweg von Schüler*innen und Lehrer*innen komponiert und gesungen wurden und die Schule, Don Bosco oder besondere Feste thematisieren. Erst Anfang des Jahres gab es einen neuen Song über das Sportfest, von welchem ich in meinem letzten Beitrag berichtet habe. Mit dem Song gibt es auch immer ein Musik Video von unserem Media Kommunikation Department. Im Moment sitzen eine Schülerin und ein Lehrer an einem Song für die Brother Sun Children. Dieses Mal gibt es eine Besonderheit, denn der Song ist auf Englisch, weshalb ich mich ebenfalls mit der Schülerin getroffen habe um mit ihr ihre Aussprache zu üben. Sie spricht schon unglaublich gut Englisch, weshalb wir nur an paar Feinheiten arbeiten mussten.

Neben den Don Bosco Liedern gibt es auch noch die Lieder für die Maas, wo auch jeden Tag ein Schüler Piano spielt. Viele unsere Schüler*innen spielen ein Instrument und unterrichten die jüngeren Kinder. Jeden Samstag gibt es zum Beispiel eine Gitarrenklasse aus ca. 12 Schüler*innen und nachmittags sieht man einen der älteren Schüler zwei Schüler*innen der Brother Sun Children am Piano unterrichten. Darüber hinaus wird hier auch beim Arbeiten viel Musik gehört. Die Schüler*innen die Nachmitags in der Küche helfen, hören beim Fleisch und Gemüse schneiden gerne Khmer Pop und Rap Songs und manchmal sogar ein englisches Lied, um nur ein Beispiel zu nennen. Die Musik ist hier ein großer Teil der Kultur. Wenn wir die Geburtstage der Schüler*innen am Ende des Monats feiern, werden  traditionelle Lieder gespielt zu denen es konventionelle Tänze gibt und direkt davor oder danach neuere Khmer Song zu denen jeder Tanz kann wie er will, dabei ist es jedoch immer wild und ausgelassen. Ich bin sehr dankbar einen so tiefen Einblick in die Welt der Khmer Musik gekriegt zu haben und werde den ein oder anderen Song bestimmt auch nach Deutschland mitnehmen.

 

Morning Assembly

Unsere Schülerinnen und ihre Provinzen

In Kambodscha gibt es 21 Provinzen und 1 Sonderverwaltungsgebiet. Dabei kommen die meisten Kinder und Jugendlichen, welche die Don Bosco Schule in Kep besuchen, aus den nahegelegenen Provinzen Kampot, Takeo oder eben direkt aus Kep. Diese Schüler*innen fahren oft übers Wochenende oder kürzere Feiertage nach Hause zu ihren Familien und leben nur unter der Woche in der Schule, beziehungsweise haben sie ein Zimmer in der Nachbarschaft gemietet.  Es gibt aber durchaus auch Kinder und Jugendliche, die den größten Teil des Jahres an der Schule leben, weil sie von weit entfernten Provinzen wie Siem Reap, Oddar Meanchey, oder Ratanakiri kommen. Diese Schüler*innen gehen meistens nur ein oder zweimal im Jahr während der langen Ferien im April und im Oktober für ein paar Wochen nach Hause und sind ansonsten in der Schule.

Grade am Wochenende bringen sie hier Leben ins Haus, helfen in der Küche, den Schulgärten oder bei der Beaufsichtigung der Brother Sun Children. Dadurch das wir am Wochenende oft weniger sind, hatte ich die Möglichkeit grade diese Schüler*innen besser kennenzulernen, wofür ich sehr dankbar bin. Es ist schön sich nach dem Lunch mit ihnen über ihre Woche, den Film vom letzten Abend oder einem Besuch am Strand zu unterhalten. Hin und wieder geht es auch um ihre Familien und Geschwister, mit denen sie telefonieren oder Eltern die sich freuen, dass ihre Kinder für die großen Feiertage im April nach Hause kommen. Auch spiele ich gerne mit ihnen Fußball, Volleyball oder Basketball.

Besonders präsent sind dabei die Schüler*innen aus Ratanakiri, einer der nördlichen und abgelegensten Provinzen in Kambodscha. Die Schüler*innen von dort stammen aus unterschiedlichen Dörfern und gehören zu indigenen Bevölkerungsgruppen hier in Kambodscha. Viele der Schüler*innen aus Ratanakiri, welche die Don Bosco Schule besuchen gehören zu der indigenen Minderheit der Jarai. Sie sprechen neben Khmer eine zweite lokale Sprache, die den selben Namen trägt und haben eigene traditionelle Tänze und Kleidung, die sich grundlegend von denen der Khmer unterscheidet. Das bedeutet jedoch nicht, das sie die Tänze der Khmer Kultur nicht beherrschen, sie können einfach beides. Neben den Jarai gibt es noch Schüler*innen aus anderen indigenen Minderheiten, da Father Albeiro versucht diese Schüler*innen besonders zu fördern. Beispielsweise gibt es öfters kleine Projekte zu denen Menschen von außen eingeladen werden, wie ehemalige indigene Schüler*innen der Schule, um über die Vorteile und Herausforderung zu sprechen mit denen Mitglieder einer indigenen Minderheit konfrontiert sind. Ein großes Thema ist beispielsweise das viele junge Leute aus ihren Heimatdörfern in die Städte ziehen, da es dort bessere Arbeitsmöglichkeiten gibt und so den Kontakt zu ihren Traditionen oder ihrer Sprache verlieren. Generell sind sprachen wie Jarai gefährdet, da viele Eltern sie nicht mehr an ihre Kinder weitergeben. Das passiert zum Beispiel, wenn ein Elternteil nicht zu einer Indigenen Minderheit gehört aber das andere Elternteil schon. (Wobei das nicht immer zwingend der Grund sein muss.) Für mich ist es sehr lehrreich und spannend, solche Projekte mitzuverfolgen und die Schüler*innen besser kennenzulernen. Es hält mir vor Augen das Kambodscha ein Land mit mehr als einer vielschichtigen Kultur ist.

Schüler*innen aus Ratanakiri
Projekt mit ersten indigenen Schüler in Don Bosco Kep

 

Essen und Teilen

Ich habe lange überlegt, ob ich das Thema Khmer Food in meinem Blog aufmache, da es ein super vielseitiges und großes Thema ist. Ich werde es daher hier nur anreißen und mich auf die Rolle von Essen hier an der Don Bosco Schule in Kep und meine persönlichen Erfahrungen damit konzentrieren. Dabei soll es gar nicht so sehr darum gehen was den Khmer Food ist, sondern eher wieviel hier durch Essen kommuniziert wird. Um das ganze etwas anschaulicher zu erklären hier einmal ein Beispiel: In meiner Lunchpause esse ich mit den anderen Freiwilligen und Brother Sun Lehrer*innen in der Küche, um anschließend meine Runde um den Schulhof zu drehen und mit ein paar Schüler*innen zu quatschen. Fast immer treffe ich irgendwann auf eine Gruppe von vier Schülerinnen des Sekretarial science Department, die zusammensitzen und ihr Lunch essen. Fast immer möchten sie das ich etwas probiere, wie grüne Mango mit Ambalmate (einer paste aus Gewürzen und Chili) oder ein Obstsorte die ich noch nie zuvor in Europa gesehen habe. Immer wollen sie wissen wie es mir schmeckt und ob ich das Essen auch aus Deutschland kenne. Diese Erlebnisse hatte ich schon mit vielen Schüler*innen. Am Anfang habe ich das Angebot zu probieren meistens abgelehnt, ich wollte niemandem etwas weg essen oder war auch einfach satt. Schnell habe ich aber gemerkt, dass es die Schüler total freut, wenn ich das Essen probiere und mit ihnen zusammen sitze. Essen teilen ist hier eine Art Sprache, über die die Wertschätzung kommuniziert wird, so fühlt es sich für mich zumindest an. Weshalb es für mich auch total wichtig ist beim Filme schauen am Freitag- und Samstagabend meine Snacks mit den Schüler*innen zu teilen. Auf diese Weise konnte ich viele Khmer Snacks schon ausprobieren wie zum Beispiel jack chean, eine plattgedrückte Banane in Pfannkuchen ähnlichem Teig, die in Öl frittiert wird. Die Frau einer der Teachers hat auf dem Schulgelände einen kleines Café, wo sie diese Köstlichkeiten verkauft und oft begleite ich am frühen Vormittag ein paar der Brother Sun Children zu ihr, die ebenfalls gerne jay chean essen, um mit ihr zu reden und mit eine oder manchmal auch zwei der jaychean zu kaufen. Besonders diese Kultur des Snacks essen ist in meiner Wahrnehmung verbunden, mit dem beisammen sitzen, teilen und austauschen.

Bittere Früchte mit Ambalmate

 

So viel also zu den drei Dingen, ohne die ich mir meine Einsatzstelle nicht vorstellen kann. Ich habe mir fest vor genommen zwischen diesem und dem nächsten Blog Beitrag nicht so viel Zeit verstreichen zu lassen, nächstes Mal geht es nämlich um die das große Khmer New Year Fest, das jetzt bald ansteht und auf das ich mich wahnsinnig freue. Bis zum nächsten mal.