Von Paradiesvögeln, Salsamusik und Mückenstichen

Wow! Das waren spannende und turbulente erste drei Wochen in Kolumbien!

Am 02. September machte ich mich auf zu der Fundación FUNDESIA in Monterilla, Kolumbien. Nach den 25 Stunden Reise mit zwei Flugstopps in den USA, kam ich an einem Samstagabend am Flughafen von Cali an. Dort holte mich Padre Gersaín, der Leiter des Projektes ab und wir fuhren mit seinem kleinen, alten Geländewagen in Richtung Stadt. Der Straßenverkehr ließ mich direkt mehrere Tode sterben, denn hier fährt jeder wie es ihm passt. Der Padre lebt und arbeitet in Cali und ich kam die ersten Tage bei ihm unter.

Sonnenuntergang über der Karibik bei meinem Hinflug nach Cali.

 

An meinem ersten Morgen wurde ich von einem Kolibri vor meinem Fenster überrascht.

 

Zum Glück hatte ich anfangs einen Jetlag und war abends immer hundemüde und konnte schlafen, denn in dieser Stadt hat man niemals Ruhe. Nicht umsonst nennt man Cali auch die Stadt des Salsa. Die ganze Nacht durch läuft Musik auf voller Lautstärke und falls doch mal keine Musik läuft, dann heulen dir die vielen Hunde einen vor. Padre Gersaín gibt jeden Abend eine Messe und Sonntags sogar drei. Ich begleitete ihn dabei. Seine Kirche ist ein offener Bau aus Bambus und Wellblech. Eines abends verirrte sich ein Opossum in den Baumbusstäben und brachte die gesamte Gemeinde zum schmunzeln. Die Kirchenmusik ist eine ganz andere als in Deutschland. Mithilfe von Soundmaschine und Keyboard wird die Gemeinde zum Klatschen und Mitmachen motiviert. Die Musikboxen werden dabei so laut gedreht, dass manchmal von den parkenden Autos die Alarmanlagen angehen. Ich wurde in der Gemeinde sehr herzlich aufgenommen und musste mich an meinem ersten Tag gleich im Gottesdienst vor allen vorstellen. Trotz meines gebrochenen Spanisch habe ich es aber ganz gut gemeistert.

 

Die Kirche der Gemeinde Santa Marta in Cali.

 

An meinem vierten Tag fuhr ich mit Padre Gersaín nach Monterilla im Departamento Cauca zu seiner Fundación. Wir fuhren die Panamericana Richtung Süden und brauchten insgesamt etwa 1,5 Stunden für die Fahrt. Die Gegend ist stark landwirtschaftlich geprägt und die Natur ist wunderschön. Feuerrote Erde, Bananenstauden, Zuckerrohr und Wälder soweit das Auge reicht und dahinter türmen sich die Andenkordilleren. Ich kam für die ersten Nächte bei der Familie von Padre Gersaín in deren Finca unter, wo ich herzlich aufgenommen wurde. Ich darf momentan noch nicht bei meiner Gastmutter wohnen, da es dort nicht sicher für mich wäre. Ende Oktober sind im ganzen Land Kommunalwahlen und die Sicherheitslage hat sich verschärft.

In dieser Finca habe ich meine ersten Tage in Monterilla verbracht.

Die Finca liegt wunderschön auf einem kleinen Hügel. Jedoch ist der Zugang zu sauberem Wasser ein riesiges Problem in der Region. Fließendes Wasser gab es nur in den Morgenstunden. Innerhalb des Projektes wird aber auch an diesem Problem gearbeitet. Glasfenster und Zimmertüren gibt es keine, lediglich Fensterläden und Vorhänge, damit die Luft tagsüber gut zirkuliert. Das führte aber leider auch dazu, dass ich abends in einer fröhlich summenden Mückenwolke stand. Nachdem ich 15 Mücken zerquetscht habe, gab ich den Kampf auf und hoffte, dass mein Mückenspray Wunder bewirkt. Das tat es leider nur bedingt.

 

In der Fundación wurde ich ebenfalls herzlich begrüßt und lernte schon ein paar Kinder kennen. Ein paar Meter weiter befindet sich ein Colegio, in dem es ebenfalls Aufgaben für mich gäbe. Eine 9. Klasse führte mich zusammen mit ihrem Biologie-Lehrer durch den Schulgarten, in welchem den Jugendlichen die heimische Natur sowie Grundlagen der Landwirtschaft beigebracht werden. Die Jugendlichen waren total aufgeregt und ich kam gar nicht hinterher mir alles anzugucken was sie mir zeigten. Die Vögel im Garten fand ich dabei wirklich atemberaubend. Knallbunte Paradiesvögel und wunderschöne Kolibris sausten durch die Luft.

Das Colegio in Monterilla.
Im Schulgarten wird Kaffe in der Sonne getrocknet. In den weißen Ställen links werden Schweine gehalten.
Blick auf den Eingang zum Schulgarten. Im Hintergrund die Berge rund um Monterilla.
Einer der vielen wunderschönen Vögel, die in Monterilla durch die Lüfte fliegen.

 

Im Sportunterricht spielten wir Fußball und ich war beeindruckt, mit welcher Leidenschaft die Jungen und Mädchen dabei waren. Am Wochenende fand das alljährliche Volksfest im Ort statt. Freitagnachmittag gab es ein Herren-Fußballturnier und Samstagnachmittag waren die Frauen dran. Auf einer Wiese wurde mit Asche ein kleines Fußballfeld aufgezeichnet und Tore aus Bambus aufgestellt. Die Teams hatten jeweils alle die gleichen Trikots europäischer Top-Klubs an. So spielte Bayern München gegen Juventus Turin oder FC Barcelona gegen Manchester City. Alle waren mit großem Eifer dabei und verhielten sich sehr sportlich. Bei den Herren durfte ich dann auch mitspielen.

Das Colegio in der Dämmerung. Rechts im Bild ein Tor aus Bambus, welches extra für das Dorffest aufgebaut wurde.

 

Leider bekam ich bisher nur einen kleinen Eindruck von meinem Projekt, denn nach 3 Tagen ging es wieder zurück nach Cali. Eigentlich nur für ein paar Tage, jedoch entschieden wir uns dazu, dass ich bis nach den Wahlen in Cali bleiben werde, denn momentan gibt es im Cauca viele Unruhen. In den letzten Tagen sogar eine Reihe von Bombenanschlägen auf Polizeistationen, bei denen Zivilisten ums Leben kamen. Hier brodeln jahrzehntealte Konflikte zwischen reichen Oligarchen, Guerilla-Gruppen, Drogenhändlern, Landbevölkerung Indigenen. Je nachdem welcher Quelle man glaubt, besitzt und kontrolliert das reichste 1% der Bevölkerung Kolumbiens 50-80% der Landfläche. Damit steht Kolumbien auf der Liste der Länder mit ungleicher Landverteilung sehr weit oben. Oft wurden (und werden) Kleinbauern gezielt von ihrem Land vertrieben, auch um dort illegal Coca anzupflanzen. Der Staat schafft es dabei nicht, in allen Gebieten dieses großen und geographisch schwierig zu durchdringenden Landes präsent zu sein.

Um meine Übergangszeit in Cali sinnvoll zu nutzen, mache ich nun einen Spanischkurs. Am Wochenende habe ich Zeit, die Stadt zu erkunden. So fuhr ich eines Abends mit der Seilbahn aus der Stadt auf einen Hügel, um einen Blick auf Cali zu bekommen. Begleitet wurde ich dabei von Edgar, einem Freund von Padre Gersaín mit dem ich mich sehr gut verstehe. Vor Kurzem wurde der Botanische Garten Cali eröffnet und lud zu einem Sonntagsausflug ein.

Selfie mit meinem Freund Edgar in der Seilbahn von Cali.
Nach einer nächtlichen Wanderung stärkten wir uns mit Empanadas.
Blick auf einen Teil Calis von der höchsten Seilbahnstation.
Blick vom Aussichtsturm auf den neuen Botanischen Garten von Cali. Im Hintergrund kann man die ersten Hochhäuser der Stadt erkennen.
Der Aussichtsturm im Botanischen Garten von Cali.

Es bleibt zu hoffen, dass sich die Lage vor Ort beruhigt und ich meinen Freiwilligendienst wie geplant fortsetzen kann. In Zukunft werde ich dann hoffentlich mehr von meiner Arbeit im Projekt erzählen können. Ich freue mich darauf, dieses Land weiter erkunden zu dürfen und auf viele herzliche Menschen zu treffen. Und natürlich darauf, den Kindern im Projekt eine Freude machen zu können.