Unter Regen und über Wolken

Der Spruch „April, April, der macht, was er will“ trifft in der Dominikanischen Republik eher auf den Mai zu.
Was das bedeutet: ziemlich viel Regen – und zwar fast jeden Tag.

Also hieß es meist: drinnen bleiben und hoffen, dass man auf dem Rückweg von der Einsatzstelle nicht völlig durchnässt wird. Das Highlight des Monats musste deshalb auf Ende Mai verschoben werden – aber dazu gleich mehr.

Also erstmal zum April, der sich hier nämlich ganz anders zeigt:
Er ist offiziell der Monat der Prävention von Kindesmissbrauch – ein landesweiter Aktionsmonat, der das Bewusstsein für Kinderrechte stärken und Missbrauch vorbeugen soll.

Auch in meiner Einsatzstelle haben wir gemeinsam mit den Kindern auf das Thema abuso infantil (Kindesmissbrauch) aufmerksam gemacht.

Wir trugen jeden Freitag gelbe T-Shirts, und am letzten Freitag im April stellten wir uns mit den Kindern an den Ausgang des Kindergartens, der direkt an der Hauptstraße in Bonao liegt, mit vielen selbst gestalteten Schildern, die auf Kindesmissbrauch aufmerksam machen sollten. Dabei sangen wir:
„Cariño sí, maltrato no“ – „Zuneigung ja, Misshandlung nein“.

Ich fand es sehr wichtig und schön, zu sehen, wie wir kindgerecht erklären konnten, was es bedeutet, sich sicher zu fühlen, „Nein“ zu sagen und dass die Gefühle und Grenzen der Kinder zählen.

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Nach diesen regnerischen und auch intensiven Wochen im Kindergarten und in Bonao habe ich mich sehr gefreut, mal rauszukommen, durchzuatmen und dabei etwas ganz Neues zu erleben, mein angekündigtes Highlight:

Die Wanderung auf den Pico Duarte, der höchste Berg der Karibik.

Endlich wieder mehr in der Natur sein, in der Stille und in der Kälte. Ja, Kälte!
Da der Berg auf über 3.000 Metern liegt, hatte ich die schwül-warme Luft Bonaos lange hinter mir gelassen.

Trotz des ziemlich anstrengenden Aufstiegs und der Fußschmerzen auf dem Rückweg war das Wandern ziemlich erholsam. Ich habe gemerkt, wie sehr der ständige Lärm hier meine innere Ruhe in Anspruch nimmt– mehr, als ich dachte.

Ob Motorräder, laute Musik, Kindergeschrei oder auch die nicht vorhandene Stille in meiner Gastfamilie – ruhig ist es selten.

Deswegen war dieser Ausflug genau das Richtige: kein Empfang, kein Lärm, keine Hitze.

Das Schönste war aber die Natur selbst. Diese beeindruckenden Ausblicke auf die endlosen grünen Berge wirkten so surreal, dass wir uns gar nicht sattsehen konnten.
So viel unberührte Natur, mit Nadelwäldern mitten in der Dominikanischen Republik. Sieht man eben nicht alle Tage.

Den letzten Abschnitt des Aufstiegs auf den Pico Duarte starteten wir um drei Uhr nachts, um den Sonnenaufgang vom Gipfel aus zu sehen.
Und überraschenderweise war die Uhrzeit gar nicht so schlimm wie erwartet.
Vor dem Aufbruch wurden wir mit Brot und heißer Schokolade versorgt und dann ging‘s los.

Zwei Stunden Wandern lagen vor uns, und der einzige Antrieb, nicht doch einfach stehen zu bleiben, war die Erkenntnis: Die Sonne wird beim Aufgehen nicht auf uns warten.

Und wir kamen tatsächlich rechtzeitig an – noch vor den ersten Sonnenstrahlen.
Es endlich geschafft zu haben, war ein echt tolles Gefühl und diese Sicht auf die Berge war neben der Schokolade, die ich direkt ausgepackt habe, eine super Belohnung.

So gerne wir noch länger dort oben geblieben wären: Die Kälte und der Hunger trieben uns bald wieder zurück nach unten.
Dort wartete schon ein typisches dominikanisches Frühstück auf uns: Víveres mit Rührei und Salami. Víveres wird eigentlich mit Lebensmittel übersetzt, doch hier in der Dominikanischen Republik wird der Begriff speziell für stärkehaltige Grundnahrungsmittel benutzt, wie Plátanos (Kochbananen), Yuca (Maniok), Süßkartoffeln, Yautía oder Ñame (verschiedene Wurzelknollen).
Sie werden meist gekocht oder frittiert und eben zusammen mit Ei, Käse oder Salami gegessen – eine typische und einfache Mahlzeit, die ich eigentlich jeden Tag zu Abend verspeisen darf.

Am nächsten Tag ging’s dann wieder recht früh zurück und meine Füße waren angekommen heil froh, endlich wieder meine Flipflops zu tragen.

Ob ich immer noch Fußschmerzen habe? Claro.
Ob ich da nochmal hochlaufe? Claro que no.
Die Fotos habe ich ja jetzt – schaut sie euch selbst an.

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