Bergauf und Bergab
Mein zweiter Monat fing genau dort an, wo der Erste aufgehört hat. Morgens geht es für die Jungs in die Schule. Dabei bringe ich vier von ihnen zu einer Schule, nicht zu weit entfernt. Nachmittags hole ich sie dann wieder ab und wir gehen zurück in die Organisation. Dort essen wir gemeinsam. Zweimal in der Woche gibt es auch Fußballtraining für die Mehrheit. Dafür fahren wir knapp eine halbe Stunde in einen anderen Stadtteil. Umzingelt von angrenzenden Häusern, spielen da einige von den Jungs Fußball. Vom kleinsten 4-Jährigen bis zum 19-Jährigen trainieren alle zusammen. In der Regel jedoch in Kleingruppen unterteilt, sodass die jungen mit den jungen üben und die älteren mit den älteren. Beim ersten Training ging es direkt für ein Ausdauertraining in die Natur, um einen nahegelegenen Berg zum Teil hochzujoggen. Unvorbereitet ging es dabei für mich in normaler Straßenkleidung mit den Jungs den Berg hoch und runter. Die anderen Male haben wir uns dann auf dem Fußballfeld der Mannschaft getroffen. Für diejenigen, die nicht mit zum Fußballtraining gehen, geht es zur Musikschule. Nach der Rückkehr in die Organisation werden noch Hausaufgaben gemacht. Danach bleibt in der Regel noch etwas Zeit zum Spielen. Kurz darauf geht es jedoch in der Regel schon zurück in die eigenen Räumlichkeiten. Die älteren wechseln dafür auch wieder das Haus. Zusammen mit einer Person der Organisation gehen sie in das nahegelegene andere Haus, wo sie auch schlafen werden.
Abseits dieser zwei Besonderheiten stand der gesamte Monat unter dem Motto des Nationalfeiertags. Denn am 15. September haben auch wir in der Organisation den Schrei der Unabhängigkeit (El Grito de Independencia) gefeiert. Jedoch kurz etwas zurück. Einige Tage vorher wurde am letzten Schultag vor dem Nationalfeiertag ebenfalls in der Schule gefeiert. Das heißt, wir sind zusammen mit den Jungs in die Schule gegangen. Dieses Mal sind wir auch dortgeblieben. Auf dem Schulhof wurde dann in einer Zeremonie der Schrei der Unabhängigkeit nachgeahmt. Mir wurde gesagt, dass jeder Präsident, auch die der regionalen Regierung, zum gleichen Zeitpunkt diesen Schrei nachahmen. Zur Zeremonie auf dem Schulhof bei uns gehörte, dass jede Altersstufe etwas vor der Schulgemeinde vorträgt. Von den kleinsten, im Vorgrundschulalter, bis hin zu den Schülerinnen und Schülern, die gerade ihren Abschluss machen. Es wurden berühmte Szenen der Unabhängigkeitsbewegung nachgespielt, gesungen und getanzt. Daraufhin hat der Schulleiter nach einer zeremoniellen Fahnenübergabe, die mexikanische Fahne geschwenkt und eine Glocke geläutet. Anschließend gab es einen kleinen Markt mit Essen, Trinken und Spielen. Etwas besonders Interessantes für mich sind dabei die Spiele gewesen. Es gab ausgeblasene Eier, welche mit Konfetti gefüllt wurden. Diese haben sich die Kinder hinterhergeworfen. Dadurch flog überall Konfetti um uns herum.
Am selben Wochenende ging es dann für uns gemeinsam nach Atlixco, eine Gemeinde außerhalb der Stadt. Dort haben wir den Nationalfeiertag gefeiert. Mit allen Jungs haben wir dabei einen sehr spielerischen und unterhaltsamen Abend verbracht.
Es hat diesen Monat jedoch auch sehr viel weiterhin geregnet. Da wir zur Schule laufen und wir manchmal vom Regen überrascht wurden, haben wir uns damit beholfen, was wir gerade bei uns hatten. Das war wie in einem Fall eine Plane bzw. ein Plakat der Organisation.
Im Hintergrund hat sich bei der Organisation jedoch auch einiges in der Strukturierung geändert. Wir erhalten zum Beispiel sehr viel mehr Essensspenden. Regelmäßig bringen uns daher Nonnen aus der naheliegenden Gemeinde Essen vorbei. An anderen Tagen spendet uns ein Krankenhaus Essen. Für mich heißt es dann dadurch regelmäßig in der Einsatzstelle auf das Essen warten und es entgegennehmen. Für andere Spenden ging es an einem Wochentag auch nach Tlaxcala. Das ist ein kleiner Staat in Mexiko in der Nähe von Puebla. Frühmorgens, nachdem wir die Jungs zur Schule gebracht haben, bin ich mit dem Leiter der Einsatzstelle losgefahren. Ein bisschen vergleichbar zu einem Roadtrip sind wir in einem leicht umgebauten VW Bus aus der Stadt herausgefahren. Über die Autobahn sind wir knapp zwei Stunden durch die verschiedensten Landschaften gefahren. Angefangen mit viel Landwirtschaft außerhalb der Stadt, über hügeligere Gegend, bis hin zu fast dürren Orten mit Kakteen gab es so gut wie alles. So sind wir zu einer Schule gefahren, die auf einem Hügel in der größten Stadt (die auch Tlaxcala heißt) liegt. Dort wurden wir in einer Sporthalle von einigen Schülerinnen und Schülern mit ihren Lehrkräften erwartet. Diese haben uns geholfen, das Auto mit Spenden vollzuladen. Die Spenden kommen aus den Klassen. Dort wurde im Rahmen eines Projekts dazu aufgerufen, einige Produkte und Lebensmittel in einen Karton zu packen und zu spenden. Wir haben das Auto gerade so noch zubekommen. Dementsprechend sah auch das Lager später am selben Tag aus.
Als wir danach dementsprechend zurückgefahren sind, haben mir die Jungs geholfen die Pakete aus dem Auto hoch ins Lager auf dem Dach zu transportieren. Ein bisschen wie an Weihnachten haben wir auch gemeinsam die Pakete aufgemacht und uns über die vielen Spenden gefreut. Sehr viele, ungezählte Stunden habe ich dann an mehreren Tagen damit verbracht, das Lager wieder in Ordnung zu bringen und die Kartons zu entsorgen. Zu diesem ganzen Prozedere gehört auch, dass wir all jenes umtauschen, wovon wir zu viel haben. Man kann es auch so beschreiben, dass wir viele Packungen Bohnen oder Reis gegen Fleisch, Eier oder andere Lebensmittel umtauschen. Diese Sachen sind eher schwierig zu spenden. Bohnen und Reis wurden jedoch sehr viel gespendet.
Am Ende des Monats gab es schließlich noch eine Besonderheit. Der letzte Freitag im Monat ist für alle, bis auf den Abschlussjahrgang, ein schulfreier Tag. Dadurch ging es für alle zusammen statt in die Schule, ins Schwimmbad. Es handelt sich wieder um jenes Schwimmbad in der Nähe der Organisation, welche stark nach Schwefel riecht. Vielleicht erinnert sich die ein oder andere Person daran. Etwas schade natürlich für diejenigen, die trotzdem in die Schule mussten. Diesen schulfreien Tag gebe es demnach jeden letzten Freitag im Monat, damit die Schulen sich intern organisieren und besonders über die Noten sprechen können.
Am selben Wochenende gab es dann wieder die Geburtstagsfeier für all die Geburtstagskinder im Monat. Eine große Feier mit auch ehemaligen „Bewohnern“ wie sie genannt werden. Also Personen, die mal hier in der Organisation gelebt haben, jetzt aber arbeiten oder studieren und nicht mehr hier wohnen. Und damit ging auch schon mein zweiter Monat zu Ende. Bald ist es aber auch schon Zeit für den nächsten Teil im Blog.
Wie die Zeit vergeht…
Bis gleich