Querida Barranca
Der 20. November ist in Mexiko der Tag der Revolution und erinnert an den Beginn der Mexikanischen Revolution im Jahr 1910. Dieser Aufstand richtete sich gegen die Diktatur von Porfirio Díaz, der das Land fast 30 Jahre regiert hatte. Unter der Führung von Francisco I. Madero, Emiliano Zapata und Pancho Villa kämpften die Menschen für soziale Gerechtigkeit, Landreformen und Demokratie. Die Revolution führte schließlich zur Verfassung von 1917, die bis heute die Grundlage des mexikanischen Staates bildet. An dieses Ereignis wird noch bis heute erinnert, und blieb natürlich in meiner Einsatzstelle nicht ungefeiert. Am „Día de la Revolución“ kamen wir LehrerInnen und die SchülerInnen entweder als Revolutionäre gekleidet oder mit traditioneller Kleidung in die Schule. Die Klassen führten unterschiedliche Tänze und Theaterstücke auf und es wurde viel getanzt und gesungen.
Etwa eine Woche später gab es bereits einen weiteren Anlass zum Feiern: Lorena Ochoa, eine wichtige Unterstützerin des Schulzentrums kam zu Besuch. Sie ist die beste Golferin, die Mexiko jemals hatte. Zwischen 2007 und 2010 dominierte sie den Frauengolfsport und hielt 158 Wochen in Folge die Spitzenposition der Weltrangliste.
Später gründete sie eine Stiftung, welche Kindern aus sozial benachteiligten Familien eine bessere Zukunft ermöglichen möchte. Meine Einsatzstelle, das „Centro Educativo La Barranca“ ist ein Teil dieser Stiftung, weshalb Lorena zu Besuch kam.
Am Vormittag war auch die Stiftung „VerBien“ („Seh gut“) zu Gast. Diese Organisation unterstützt Kinder mit Sehschwächen, indem sie ihnen kostenlose Brillen zur Verfügung stellt. Bereits im Vorfeld hatten sie die Augen der SchülerInnen bei einem Besuch in der Schule untersucht. Beim feierlichen Anlass überreichte Lorena den Kindern schließlich ihre neuen Brillen persönlich.
In der Vorweihnachtszeit in Mexiko ist es Tradition, sogenannte „Posadas“ zu veranstalten. Deshalb haben wir diesen Anlass genutzt, um nachmittags eine Posada mit und für Lorena zu feiern. Posadas sind festliche Zusammenkünfte von Familie, Freunden oder Kollegen, bei denen typische Aktivitäten wie Wichteln, Singen, gemeinsames Essen und das Zerschlagen einer Piñata nicht fehlen dürfen. Gesungen und gegessen wurde in meiner Einsatzstelle auch, z. B. hatte ich meinen ersten Auftritt mit dem Schulchor. Eröffnet wurde der Abend mit dem Ballett „der Nussknacker“ und beendet mit einem gemütlichen Beisammensein.
Erwähnenswert finde ich außerdem das Seminar über sexuellen Missbrauch an Kindern. An diesem Tag blieben die Kinder zu Hause, denn das Seminar war ausschließlich für die LehrerInnen gedacht. Besonders erschütternd war zu erfahren, dass der Bundesstaat Jalisco, in dem ich lebe, die meisten Fälle von sexuellen Übergriffen an Kindern verzeichnet. Auch wenn das Seminar emotional aufwühlend war, finde ich es wichtig und richtig, dass meine Einsatzstelle aktiv an der Aufklärung und Prävention arbeitet.
Und wie ihr in meinem anderen Blog „Von Kakteen, Tarahumara und Moderne“ lesen konntet oder werdet, war ich in letzter Zeit viel unterwegs. Auch wenn die meiste Urlaubszeit glücklicherweise mit den Ferien der Schule übereinstimmte, musste ich trotzdem ein paar Tage in der Schule fehlen. Als ich nicht da war, habe ich meine Einsatzstelle wirklich vermisst. Ich bin froh, eine Stelle zu haben, an die ich so gerne zurückkomme. Denn auch wenn man nur ein paar Tage fehlt und wieder in die Schule zurückkommt, wird man, vor allem von den Kindern, mit Umarmungen überströmt, und mit viel Liebe empfangen.
Ich freue mich darauf, bald wieder dorthin zurückzukehren, aber zuerst steht noch unser Zwischenseminar in Oaxaca an – ein weiteres Seminar, was für uns deutsche Freiwillige in Mexiko organisiert wird. Aber davon dann mehr im nächsten Blog!